Die Welt ist eine Scheibe

„Lovesexy“. Das zehnte Album von Prince, er posierte 1988 für Jean-Baptiste Mondino.
„Lovesexy“. Das zehnte Album von Prince, er posierte 1988 für Jean-Baptiste Mondino.(c) Beigestellt
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Das Bild macht die Musik: Eine Ausstellung in Berlin huldigt Fotokunst auf Plattencovers.

In der ersten Dezemberwoche des Vorjahrs erfolgte für Old-School-Plattenfans die Bestätigung ihrer Begeisterung für das gute alte Vinyl: Da war aus dem Vereinigten Königreich zu vernehmen, dass mehr Geld für Schallplatten als für Musik-Downloads ausgegeben worden war. Diese Nachricht fiel obendrein in die finale Vorbereitungsphase der Ausstellung „Total Records“, die sich zur Gänze der Schallplatten-Coverkunst widmet und derzeit, nach Stationen in Arles und Winterthur, bei C/O Berlin zu sehen ist. „Wir interessieren uns für die verschiedenen Verbreitungsformen von Fotografie“, sagt C/O-Hauptkurator Felix Hoffmann. Die gewissermaßen interdisziplinäre Interessenlage von „Total Records“ sorgt indessen fraglos dafür, dass auch Besucher, die sich sonst seltener in Fotografieausstellungen begeben, angesprochen werden. „Für uns handelt es sich eindeutig um eine Fotografieausstellung“, hält Hoffmann aber fest und gibt zu, zum Teil selbst überrascht zu sein, welche berühmten Fotografen mit Musikern gemeinsame Sache machten.

„Fashions“. Eine von zehn Picture Discs, die David Bowies Label 1982 veröffentlichte.
„Fashions“. Eine von zehn Picture Discs, die David Bowies Label 1982 veröffentlichte.(c) Beigestellt

Verschmäht. Dass Andy Warhol als (Gebrauchs-)Grafiker Plattencovers gestaltete, ehe er zum Pop-Art-Superstar und Initiator der Velvet Underground wurde, ist bekannt. Kurioser ist da schon die Anekdote, die eine gescheiterte Zusammenarbeit der Rolling Stones mit Man Ray betrifft: So hatte sich die Band wohl an den damals 82-jährigen Künstler gewandt, auf dass er das Cover ihrer LP „Exile on Main Street“ (1982) gestalte. Das von ihm erstellte Motiv – die Vorderseite eines Spielwürfels mit den Gesichtern der Stones-Musiker in den Würfelaugen – wurde dann aber nicht für die Platte übernommen. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet die Ausstellung das Thema des Schallplattencovers: Zum einen geht es um klassische Auftragsarbeiten, zum anderen um existierende Motive, die von Musikern als passend ausgewählt wurden. Felix Hoffmann bemerkt dazu pointiert: „Man kann sich die Frage stellen, ob ein Cover berühmt wird, weil die Musik der Schallplatte gut ist. Oder ob eine Platte auch legendär werden kann, weil das Cover sie dazu macht.“

„Island Life“. Grace Jones neu erschaffen von Jean-Paul Goude. Das Album erschien 1985.
„Island Life“. Grace Jones neu erschaffen von Jean-Paul Goude. Das Album erschien 1985. (c) Beigestellt

Soziologisch interessant ist etwa der Abschnitt, in dem das Thema der Zensur bei Neuauflagen von Platten beleuchtet wird (das betrifft natürlich Nacktheit, kann aber auch zur Retusche von so Trivialem wie einem Toilettensitz auf einem Schallplattencover von The Mamas & the Papas führen). Schön ist ein ortsspezifisches, für Berlin produziertes Kapitel über die Musikerporträts und Schallplattencovers mit Bildern des Berliner Fotografen Jim Rakete. Näher hingegen an der „eigentlichen“ bildenden Kunst sind Beispiele von Künstlerschallplatten: Hier sind etwa mit Hermann Nitsch und Valie Export auch prominente Namen aus dem Umfeld des Wiener Aktionismus vertreten. Besonders treffend überschrieben ist übrigens dieses Kapitel der Ausstellung: „Die Quadratur des Kreises“.

Tipp

„Total Records – Vinyl & Fotografie“. Die Ausstellung bei C/O Berlin ist bis 23. April zu sehen, Informationen auf www.co-berlin.org

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