Informel, 60er und Pop-Art

Dorotheum Wien.
Dorotheum Wien. (c) imago/Volker Preu�er (imago stock&people)
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Die zweite Auktionswoche im Dorotheum widmet der Kunst des Informel einen Schwerpunkt. Toplos ist ein Frühwerk von Nicolas de Staël.

Der französische Maler des Informel, Nicolas de Staël, malte in 15 Jahren mehr als 1000 Bilder. Heute sind seine Arbeiten nach 1953 begehrt, doch in jüngerer Zeit entwickelt sich auch die Nachfrage nach Werken vor 1950. So überstieg laut Kunstpreisdatenbank Artprice erstmals ein früheres Werk 2012 die Grenze von einer Million Euro. Der Rekordpreis beträgt 6,1 Millionen Euro, erzielt 2011 für „Nu couché“ aus dem Jahr 1953 beim französischen Auktionshaus Artcurial. Die meisten seiner Arbeiten werden in London oder Paris verkauft, auch im deutschsprachigen Raum hat er einige Sammler. Weniger groß ist bisher die Nachfrage in den USA. Im Wiener Dorotheum kommt im Rahmen der nächsten Auktionswoche mit moderner und zeitgenössischer Kunst, die vom 30. Mai bis 2. Juni stattfindet, ein besonders frühes Werk von de Staël unter den Hammer. „Composition“ von 1950 wird auf 200.000 bis 300.000 Euro geschätzt.

Überhaupt hat das Dorotheum diesmal einen großen Schwerpunkt der Stilrichtung Informel. Namensgeber war der Kunstkritiker Michel Tapié, der den Namen „art informel“ für eine Pariser Ausstellung im Studio Facchetti im November 1951 mit dem Titel „Signifiants de l'informel“ geprägt hat. Vornehmlich in der Frühzeit war auch die Bezeichnung Tachismus üblich, ein von dem Kunstkritiker Pierre Guéguen geprägter Begriff und alternativ auch Lyrische Abstraktion. Das Informel bildete sich in Paris als Gegenpol zur geometrischen Abstraktion, die auch von der École de Paris vertreten wurde. Als direkte Wegbereiter des Informel gelten die damals in Paris ansässigen Künstler Wols, Jean Fautrier und Hans Hartung.

Im Dorotheum kommen so unterschiedliche Werke dieser Stilrichtung zur Auktion, wie die Strichbilder von Hans Hartung, kalligrafisch-dynamische Arbeiten von Georges Mathieu oder Emilio Vedova, der übrigens wesentlich den heutigen Star der zeitgenössischen Kunst, Georg Baselitz, beeinflusste. So kommt von Vedova beispielsweise das Werk „Tensione“ aus dem Jahr 1959 mit einem Schätzwert von 150.000 bis 200.000 Euro zum Aufruf. Von Hans Hartung wird „1963-K-14“ angeboten, eine Acrylarbeit auf Leinwand, die 50.000 bis 70.000 Euro einbringen soll. Der Rekord für Hartung liegt mit 1,3 Millionen Euro deutlich unter de Staël. Es wurde 2015 für das Gemälde „Peinture n° 10“ in Frankreich erzielt. Erwähnenswert ist zudem das mit 90.000 bis 120.000 Euro taxierte Werk „Erreur confidentielle“ von 1959 von Georges Mathieu. Mathieu fertigte meterlange Bilder live vor Publikum. Schnelligkeit und Spontanität zählten: „Ich glaube, dass die Einführung von Geschwindigkeit in der westlichen Ästhetik ein bedeutendes Phänomen ist. Es entspringt naturgemäß der Tatsache, dass die Malerei schrittweise von der Notwendigkeit irgendeiner Referenz befreit ist: jener der Natur, des Kanons der Schönheit, des ersten Entwurfes. Geschwindigkeit meint deshalb den definitiven Verzicht auf künstlerische Malmethoden zugunsten purer Methoden der Bildfindung“, sagte der Künstler seinerzeit über seine Methode.

Pop-Art. Eines der Toplose ist neben dem Informel sicherlich ein plakatives Werk des US-Pop-Art-Künstlers Tom Wesselmann, der für seine puppenhaften „American Nudes“ bekannt ist, die er stets rauchend in bunter Umgebung drapiert darstellt. Auf dem zum Aufruf gelangenden Werk „Smoking Cigarette II“, ist ausnahmsweise einmal die Zigarette selbst ohne erotisches, weibliches Beiwerk der Star. Es wird auf 380.000 bis 400.000 Euro geschätzt. Der Höchstpreis für Wesselmann liegt bei 3,9 Millionen Dollar für „Smoker #9“, erzielt 2008 von Christie's. Zu erwähnen aus dem Angebot der Auktion ist sicherlich noch Sigmar Polkes Papierarbeit „Untitled“ von 1998, das auf 250.000 bis 300.000 Euro taxiert ist.

Auch ein Werk des diesjährigen Vertreters Österreichs bei der Biennale von Venedig, Erwin Wurm, ist im Angebot. Für seine geschwärzte Bronzefigur „Mutter“, eine auf Schuhen stehende Wärmeflasche, werden 70.000 bis 120.000 Euro erwartet.

Sehr in Mode am Kunstmarkt ist zurzeit die deutsche und italienische Avantgarde der Sechzigerjahre, wie beispielsweise die Künstlergruppe Zero, die zuletzt von großen Museen viel Aufmerksamkeit erlangte. So machte 2014 etwa das New Yorker Guggenheim-Museum eine große Ausstellung, die danach in den Martin-Gropius-Bau nach Berlin und von dort ins Amsterdamer Stedelijk-Museum weiterging. Seither sind die Preise im Aufwärtstrend. Im Dorotheum kommen Werke von Günther Uecker und Heinz Mack unter den Hammer. Die italienische Avantgarde ist mit Werken von Enrico Castellani und Agostino Bonalumi vertreten sowie mit einem mit Graffiti versehenen „Concetto Spaziale“ von Lucio Fontana.

Besonders Letzterer hat auf dem internationalen Kunstmarkt zuletzt einen wahren Höhenflug hingelegt. Sein höchster Preis liegt bei 24 Millionen Dollar, erzielt im November 2015 für „Concetto spaziale, La fine di Dio“ bei Christie's in New York. Der höchste im Dorotheum erzielte Zuschlag für Fontana beträgt 932.000 Euro für „Concetto Spaziale“ von 1957 und ist aus dem Jahr 2014. Im Vorjahr wurden in diesem Haus für „Concetto Spaziale, Attesa“ immerhin 600.000 Euro erzielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2017)

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