Aus den Feuilletons

Diane Kruger – Darf die das?

Diane Kruger erhielt in Cannes den Preis als beste Schauspielerin für ihre Rolle in "Aus dem Nichts".
Diane Kruger erhielt in Cannes den Preis als beste Schauspielerin für ihre Rolle in "Aus dem Nichts". © picture alliance / dpa / Ekaterina Chesnokova
Von Arno Orzessek · 29.05.2017
In der "Welt" huldigt Felix Stephan der frischgebackenen Cannes-Gewinnerin Diane Kruger. Die habe Karriere gemacht, "obwohl sie von den zuständigen Stellen dazu überhaupt keine Erlaubnis hatte", ätzt Stephan hämisch gegen die Bewahrer der Hochkultur.
Zugegeben, wir verstehen nicht viel von Chemie – wohl aber Wikipedia. Und dort steht:
"Stark alkalische Lösungen sind extrem ätzend: Sie können Metalle und Proteine auflösen, weshalb Hautkontakt mit ihnen vermieden werden sollte."
Wenn wir jetzt noch erwähnen, liebe Hörer, dass auch Laugen zu den ätzenden alkalischen Lösungen gehören, dann wissen Sie alles Nötige, um die Ausdrucksstärke der Überschrift des Tages genießen zu können. Sie steht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG und lautet:
"Wisch ab der Tränen scharfe Lauge."
Der Satz gefällt uns. Beides tönt ja aus ihm: Das Leid, das die scharfe Lauge aus den Tränendrüsen drückt, und die tröstliche Hoffnung, mit der Lauge ließe sich auch das Leid ab- und wegwischen. Die Formulierung ist allerdings keine Erfindung der FAZ.
Genauso wenig wie folgende, die der Autor Gerhard R. Koch zu den "sadomasochistisch hochgezwirbelten Leidensschilderungen" zählt:
"Mein Eingeweide kreischt auf glimmen Kohlen."
Nur nebenbei: Wer von Ihnen eine Ahnung hat, worüber wir hier überhaupt reden, der hebe die Hand. Okay, wir sehen keine!
Tatsächlich bespricht Koch die Händel-Festspiele in Göttingen und Halle. Sie würden beweisen, "dass der Komponist seine Hörer weiterhin verblüfft" – etwa durch die "Brockes-Passion", der Koch das Lauge- und das Eingeweide-Zitat entnimmt. Auf gebildetes Stänkern will der FAZ-Autor indessen nicht verzichten:
"Hat man in jüngster Zeit viel Vokalmusik von Händel gehört, so lassen manche Koloraturen der Sänger doch auch ein wenig an Richard Wagners giftige Pointe gegen Giacomo Meyerbeer denken: 'Wirkung ohne Ursache'."

Huldigung auf Diane Kruger

Genug der Sprachverspieltheit – ab jetzt wird’s seriös. In der Tageszeitung DIE WELT verfasst Felix Stephan eine Huldigung auf Diane Kruger – jene Schauspielerin, die auf dem Film-Festival in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde.
Dabei tut Stephan so, als hätte er die Einsicht, dass Kruger mehr kann als nur einen Anblick zu bieten, der die Augen streichelt, bislang exklusiv gehabt. Umso ätzendere Lauge verspritzt er gegen die Lordsiegel-Bewahrer der Hochkultur.
"Dass Kruger im Laufe ihrer Karriere so beharrlich harmlose Rollen in unerheblichen Filmen angenommen hat, dass sie also tatsächlich schwer geschuftet hat und ständig auf französischen und amerikanischen Leinwänden zu sehen war, obwohl sie von den zuständigen Stellen – den deutschen Schauspielschulen, den Theaterbühnen, den Redakteuren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – dazu überhaupt keine Erlaubnis hatte, wurde ihr in Deutschland nie verziehen. Selbst ihr Auftritt in Quentin Tarantinos 'Inglourious Basterds' konnte die Deutschen nicht versöhnen. Wahrscheinlich hätten sie lieber Birgit Minichmayr gesehen. Tarantino aber besetzte Kruger"
- freut sich, erkennbar hämisch, der WELT-Autor Stephan.

"Polizisten umflutschen"

Bitter ernst meinen es die beiden Aktivistinnen, die in der TAGESZEITUNG über die geplanten Protestaktionen anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg Auskunft geben.
"Mit BlockG20 wollen wir den Gipfelauftakt am Freitag, den 7. Juli, blockieren. Es kommen richtig viele aus der ganzen BRD und Europa. Aus der Schweiz kommt sogar ein Sonderzug! Jetzt ist die Zeit, zusammen mutig zu sein. Wir werden uns nicht von der Polizei aufhalten lassen. Dort, wo sie uns blockiert, wollen wir sie umflutschen."
Das kündigt Jana Schneider an, die Sprecherin von BlockG20. Die TAZ, verlässlich links, veröffentlicht das Interview unter dem Thema "Repression".
Leider bleibt unerklärt, wie das wohl aussieht: Polizisten "umflutschen". Dabei muss man nichts und niemanden umflutschen, um in den Knast zu kommen.

Smart Home, smart prison?

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG behauptet jedenfalls, dass wir mit "Smart Home", der digitalen Dialog- und Quassel-Säule für Zuhause, mit der man über alles reden kann, zu "Insassen des eigenen Gefängnisses" werden.
Falls Sie schon so eine Säule haben, und sich gefangen fühlen, liebe Hörer, dann grüßen Sie Ihre Säule bitte von uns und sagen ihr mit einer Überschrift aus der TAZ glatt ins Gesicht:
"Der Schurke bist du."
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