"Arte povera"-Künstler

Trauer um Jannis Kounellis

Der Künstler und Mitbegründer der "Arte povera" Jannis Kounellis ist tot.
Der Künstler und Mitbegründer der "Arte povera" Jannis Kounellis ist tot. © imago/Xinhua
Von Jan-Christoph Kitzler · 17.02.2017
Jannis Kounellis galt als einer der wichtigsten Mitstreiter der "Arte povera". Nun ist der griechische Künstler in seiner Wahlheimat Italien gestorben. Er wurde 80 Jahre alt.
Am Anfang war die Faszination eines Bildes. Ausgerechnet ein Marienbild hat Jannis Kounellis nach Italien gelockt.
"Ich habe mich entschieden nach Italien zu kommen, zu bleiben und Italiener zu werden. Am Anfang war diese Anziehung, von der ich nicht weiß, ob sie pervers war oder voller Liebe. Die Madonna von Tizian. Es gibt viele, aber diese Madonna ist für mich revolutionär."
Gerade mal 20 war er damals, er kam aus der griechischen Hafenstadt Piräus und landete in Rom. Italiens Hauptstadt, wo er am Anfang bei Toti Scialoja, dem langjährigen Direktor der Kunstakademie, studiert hat, sollte bis zu seinem Tod sein Lebensmittelpunkt bleiben.

Militantes Selbstverständnis

Jannis Kounellis liebte die alten Meister: Tizian, Caravaggio, Masaccio – auch weil sie ihn dazu brachten, mit seiner eigenen Unzulänglichkeit zu spielen: ich bin ein Maler, der nicht zeichnen kann, hat er einmal gesagt. Radikal war er sicher, in seiner Suche, einfachen Materialien eine Form zu geben, natürlichen, armen Materialien, wie Holz und Wachs, Blei und Erde, Blumen, Jutesäcke. Und als 1967 zum ersten Mal die "Arte Povera" auftrat, war Kounellis natürlich dabei. Das war auch eine Absage an die sich breit machende Pop Art:
"Ich denke, dass meine ganze Generation militant ist. Ich bin versucht zu sagen, dass ich auch ein Avantgarde-Künstler bin, also militant. Avantgarde ist ja schon eine militärische Definition."
Alltagsgegenstände als Kunstwerk: eine Installation aus 4600 Schnapsgläsern von Jannis Kounellis, Teil der Ausstellung "Translating China" (2011).
Alltagsgegenstände als Kunstwerk: eine Installation aus 4600 Schnapsgläsern von Jannis Kounellis, Teil der Ausstellung "Translating China" (2011).© picture alliance / dpa / How Hwee Young
Während er anfangs mit scheinbar zufällig gefundenen Gegenständen, die er in seine Werke einbaute, provozieren wollte, geriet seine Kunst später immer mehr auch zu einer ganz eigenen Mischung aus Installation und Event, zu einer seltsamen Kunst der Performance. Dabei tritt für Jannis Kounellis der Künstler in den Hintergrund, wird quasi zum Handwerker. Und das Kunstwerk entsteht erst, oder wird vollständig, wie er selbst sagte "in der Teilhabe und durch die Beziehung zwischen Publikum und Werk." Seine zwölf lebenden Pferde, die er in eine Kunsthalle stellte, sind ein Beispiel dafür.

Er wollte nie ein Meister sein

Der Dialog, die Lehre machte ihm Freude, 1993 – 2001 war er Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie. Ein Maestro, ein Meister wollte er nie sein. Stattdessen zog er mit seinem imposanten Schnurrbart, den längeren Haaren und ständig rauchend durch die Welt:
"Ich bin kein Kosmopolit, ich bin ein Internationalist. Ich bin mit dieser Dialektischen Geschichte verbunden. Ich liebe die anderen, und ich fühle mich angezogen, und stecke in diesem Kampf um das Überleben der Form. Deshalb bin ich Künstler."
In seinem Spätwerk tauchen immer wieder mythologische Symbole, a ntike Objekte auf – vielleicht spricht daraus die Sehnsucht nach einer archaischen Welt, die besonders im Herzen eines italienischen Griechen brennt.
Die größten Kunsthallen der Welt haben ihm Ausstellungen gewidmet. Vieles wird bleiben von der "armen Kunst" des Jannis Kounellis. Jetzt ist er im Alter von 80 Jahren in Rom gestorben.