Zum Inhalt springen
Fotostrecke

"Global Gladiators": In der Witze-Wüste

Foto: ProSieben/ Richard Hübner

ProSieben-Show "Global Gladiators" "Oh mein Gott, this is wirklich shit"

ProSieben verschickt acht halbe Promis für spektakuläre Spiele in die namibische Wüste - und heraus kommt nur eine schmerzhafte Trash-TV-Enttäuschung. Die Produktion ist sensationell lieblos.

Zugegeben: Zwischendurch war es ein paarmal verdammt spannend. Immer dann nämlich, wenn unter den acht schon so halbwegs prominenten Teilnehmern von "Global Gladiators" plötzlich ein Mann zu sehen war, den man trotz ausgiebiger Lebensvergeudung durch Trash-TV-Gaffen nirgendwo einordnen konnte: War das irgendein Nebendarsteller von "Esslingen Tag und Nacht"? Der Schwippschwager von Sky du Mont? Jemand, der beim vorletzten "Bachelor" mal kurz eine Flasche Amarula durchs Bild getragen hat?

Aber nein, verpuffte dieser Nervenkitzel dann nach wenigen Sekunden und wich der Erkenntnis: Das ist der Moderator, Maurice Gajda. Den man nur darum nicht wiedererkannte, weil man ihn noch nie zuvor gesehen hatte.

"Global Gladiators" könnte ein schönes Sommerformat im gehobenen Schundsektor sein: Ein mindestens durchwachsen amüsanter Cast von Trash-Royalty Larissa Marolt bis Poesiealbumspruch-Aufsager Pietro Lombardi. Ein frankensteinesk aus schon bekannten Formaten zusammengeschustertes Konzept: Promis in einem fremden Land mit anstrengendem Klima ("Dschungelcamp"), zusammengepfercht auf engstem Raum ("Big Brother"), die in einer Reihe alberner Wettbewerbe gegeneinander antreten ("Schlag den Raab"). Dazu der sichtbare Wille zur Materialschlacht mit aufwendigen Wettkämpfen, die in der namibischen Wüste zwischen den in zwei Teams aufgeteilten Kandidaten ausgetragen werden.

Fotostrecke

"Global Gladiators": In der Witze-Wüste

Foto: ProSieben/ Richard Hübner

Das alles zusammen funktioniert trotzdem nicht, weil man am falschen Ende gespart hat: Bei der Kommentierung, die aus dem, was da alles Sonderbares geschieht, erst eine Erzählung macht. Bei den "Gladiators" verärgert einen schon nach wenigen Minuten die sensationelle Lieblosigkeit, mit der da aus dem Off mit größtmöglicher Simpelheit nacherzählt wird, was man zeitgleich ohnehin selbst sieht. Das ist Sprache, wie mit Kernseife abgeschrubbt, ohne jeden Witz oder Charme.

Die Zeit wird mit Hadern vertan

Am schlimmsten gerät das während der sportlichen Wettkämpfe, die von Darts-Kommentator Elmar Paulke mit biederer Ernsthaftigkeit konsequent noch langweiliger gemacht werden, als sie ohnehin schon sind. Etwa, als ein Prüfung ansteht, bei der die Kandidaten unter anderem einen Bungee-Sprung aus 40 Metern absolvieren müssen. Alle überlegen, ob sie es machen werden. Der Kommentar: "Alle überlegen, ob sie es machen werden." "Was macht Nadine Angerer? Sie winkt", sagt Paulke, während die ehemalige Fußball-Nationaltorhüterin auf der Kufe eines Helikopters steht und, naja: winkt.

Eine der Prüfungen: Bungee-Sprung aus Helikopter

Eine der Prüfungen: Bungee-Sprung aus Helikopter

Foto: ProSieben/ Richard Hübner

Überhaupt: die Spiele. Es ist durchaus faszinierend, dass sie umso langweiliger anzuschauen sind, desto dramatischer sie eigentlich konzipiert waren. Die Grundidee dahinter: Bekannte Sportarten werden aufgeprotzt und grellstmöglich dramatisiert. Also spielt man Darts, indem die Kandidaten als lebende Pfeile aus einem Helikopter in abgesteckte Felder eines Sees springen müssen. Polo, nur mit Quads. Boule, aber verbunden mit besagtem Bungee-Sprung.

Viel Zeit wird dabei mit Hadern und Simpeln vertan. Eigentlich wollen sie je alle "an ihre Grenzen gehen" - schlimmste Trash-TV-Floskel überhaupt - aber dann sind 40 Meter halt leider doch sehr, sehr hoch. Viel lieber würde man stattdessen noch ein paar Szenen aus dem alltäglichen Leben in dem umgebauten Frachtcontainer sehen, in dem die Kandidaten sardinenmäßig einquartiert sind und, in Flugzeugsitze geschnallt, in Namibia herumgefahren werden.

"Hätte, hätte, Bachelorette"

Endlich wird der bei solchen Promi-Internierungsformaten sprichwörtliche "Container" mal ernst und wörtlich genommen, doch leider sah man zumindest in der Auftaktfolge zu wenig davon. "Oh mein Gott, this is wirklich shit", gab Boris-Frau Lilly Becker die sanft radebrechende Marc-Terenzi-Adeptin und beklagte sich über die "Betten am Bouden", während Larissa verlässlich Aphorismen produzierte: "Gewöhn dich dran. I mean: Gewöhn dich dran."

Container-Dinner

Container-Dinner

Foto: ProSieben/ Richard Hübner

Zwischendurch verlegt Model Mario Galla seine Prothese ("Habt ihr zufällig mein Bein gesehen? Ich finde es nicht mehr.") und Ex-Fußballprofi Ulf Kirsten löst in größtmöglicher Bräsigkeit ein Kreuzworträtsel. Prächtiges Rohmaterial! Doch die Produzenten ergehen sich lieber in der Wiederholung alter, ermüdender Muster. Larissa erzähle nur "Bullshit", knüpft Oliver Pocher Läster-Bro-Bande zu Schauspieler Raúl Richter: "Als hätte sie schon zwei Weltkriege überlebt und fünf Kinder." Abwechselnd gibt er den Ehrgeizkragen und den schmeißfliegenhaften Bully, der wahllos gegen jeden schießt. Der Off-Kommentar nennt das: "Als geborener Anführer gibt er gleich den Ton an." Nein, einfach nein.

Es hätte so schön werden können mit den "Global Gladiators". "Hätte, hätte, Bachelorette", wie man in Trash-Kreisen in solchen Fällen gerne sagt. Die Produzenten freilich möchte man mit Larissa fragen: "Was seids ihr für Menschen?"

Anzeige
Rützel, Anja

Trash-TV. 100 Seiten: Reclam 100 Seiten

Verlag: Reclam Philipp Jun.
Seitenzahl: 109
Für 6,99 € kaufen

Preisabfragezeitpunkt

25.04.2024 01.31 Uhr

Keine Gewähr

Produktbesprechungen erfolgen rein redaktionell und unabhängig. Über die sogenannten Affiliate-Links oben erhalten wir beim Kauf in der Regel eine Provision vom Händler. Mehr Informationen dazu hier