USA:"Einen Trump-Anhänger daten? Niemals!"

Democratic Presidential Nominee Hillary Clinton Holds Election Night Event In New York City

Ein liberales Liebespaar mit Hillary-Kappen macht ein Selfie

(Foto: AFP)

Die Trump-Ära macht es für viele Amerikaner schwer, einen Partner zu finden. Vor allem liberale Frauen lehnen republikanische Männer ab. Dating-Portale für Demokraten und Republikaner haben Konjunktur.

Von Beate Wild, New Orleans

Seinen Seelenverwandten zu finden, war schon immer eine Herausforderung. In der Ära von Donald Trump scheint das für viele Amerikaner noch schwieriger geworden zu sein. Gegensätze ziehen sich an? Das stimmt im Jahr 2017 in den USA offenbar überhaupt nicht mehr. Viele Singles sagen, es sei ihnen unmöglich, politische Differenzen bei einem potentiellen Partner außer Acht zu lassen.

"Einen Trump-Anhänger daten? Niemals!", sagt Zane, eine Endzwanzigerin in New Orleans. Sie ist seit zwei Jahren Single. Lernt sie jemanden kennen und es stellt sich heraus, dass er ein Republikaner ist, ist der Fall für sie erledigt. "Mit einem Konservativen komme ich einfach nicht auf eine Ebene."

Lorraine ist 62 Jahre alt, geschieden und geht seit einiger Zeit zum Speed-Dating. Auch sie hat die Erfahrung gemacht: "Mit der Einstellung von Republikanern komme ich nicht klar." Sie sei für Frauenrechte, Abtreibung, Einwanderung und Umweltschutz. Alles Dinge, die Konservative ablehnen oder für nicht so wichtig halten. Ein Partner, der elementar anders denkt als sie, ist für sie unvorstellbar.

Laut "Singles in America", einer Studie des Online-Portals Match.com, haben Menschen, die bei der ersten Verabredung ihre politischen Neigungen ansprechen und darin übereinstimmen, eine 91-prozentige Chance auf ein zweites Date. Schon in der Vergangenheit wollten liberale Singles lieber Gleichgesinnte daten, doch seit Trump US-Präsident ist, ist eine andere politische Einstellung offenbar ein "Deal-Breaker", ein K.o.-Kriterium, wie Salvatore Prano es ausdrückt.

Prano hat LiberalHearts.com gegründet, eine Dating-Seite für Demokraten. Schon nach dem Wahl-Debakel zwischen Al Gore und George W. Bush im Jahr 2000 launchte er die Plattform, weil er den Bedarf erkannte. Aber erst seit Trump Präsident ist, sei der Ansturm enorm, sagt Prano.

Geduldig - nur nicht bei Rotkappen

Die Mitgliederzahlen seien in den vergangenen Wochen um 40 Prozent gestiegen, auf mehr als 50 000. "Seit der Wahl fällt es liberalen Singles noch schwerer, jemanden aus dem anderen politischen Lager zu akzeptieren", sagt Prano. Der neue Präsident sei verantwortlich für ein "neues Level an Polarisierung", die bis weit ins Private reicht.

"Ich bin geduldig und offen für Neues - nur nicht bei Rotkappen", schreibt Craig, 34, aus Seattle auf seinem Profil bei LiberalHearts.com. Rotkappe ist ein Synonym für Trump-Wähler, weil diese gerne die roten Baseball-Kappen tragen auf denen Trumps Spruch "Make America Great Again" steht.

Aber nicht nur Liberale haben ihre Vorbehalte, auch für konservative Singles scheint die Partnersuche komplizierter geworden zu sein. Aus diesem Grund hat David Goss vor etwa einem Jahr TrumpSingles.com gegründet. "Dating ist schwierig geworden, seit es eine solche Intoleranz für Trump-Unterstützer gibt", sagt er.

"Freunde haben mir von einigen Dates erzählt, die erst sehr gut liefen. Aber als dann Politik ins Spiel kam, ist die Stimmung plötzlich gekippt und das Treffen war abrupt zu Ende", erzählt Goss. Politik ist normalerweise kein Thema, das Singles bei der ersten Verabredung diskutieren. Doch seit der Trump-Präsidentschaft sind die Leute so leidenschaftlich am aktuellen Tagesgeschehen interessiert, dass Politik und Nachrichten ein normales Gesprächsthema geworden ist - auch zwischen Menschen, die sich gerade erst getroffen haben.

Auf ihren Profilen bei TrumpSingles.com gehen viele mit ihren politischen Ansichten offen um. Sie müssen keine Angst haben, beschimpft zu werden, da Goss und sein Team jedes einzelne Profil überprüfen. Jenna, 45, aus Pensacola schreibt: "Ich bin sehr konservativ, liebe Outdoor-Aktivitäten und Tiere. Du musst Gott lieben, familienorientiert und für das Recht auf Waffen sein." Vielleicht würde sie gut zu David, 46, aus Biloxi passen. "Ich suche eine patriotische Amerikanerin, die Trump liebt und Amerika wieder groß machen will", postet er. Als Hobbies gibt er an: Trump und Schinkenspeck. Auf dem Foto posiert er oben ohne, dafür mit Waffe und Cowboyhut.

"Konservative haben zu wenig Mitgefühl, Liberale zu viel"

Es seien vor allem die Liberalen, die nichts mit den Konservativen zu tun haben wollen, sagt Goss und bestätigt damit Prano, der die gleichen Beobachtungen gemacht hat. Männer, die Republikaner wählen, seien noch eher bereit, sich auf demokratische Wählerinnen einzulassen. Doch umgekehrt wollten Demokratinnen auf keinen Fall einen Republikaner daten.

"Wenn liberale Frauen der Meinung sind, Trump ist ein abscheulicher Frauenhasser, dann glauben sie, dass der Mann, der ihn unterstützt oder verteidigt, auch einer ist", sagt Prano. Die Vorurteile, die beide politischen Lager voneinander hätten, fasst Prano zusammen mit: "Konservative haben zu wenig Mitgefühl und Toleranz, Liberale dagegen haben zu viel davon, was sie wiederum naiv macht."

Deshalb sei es doch gleich einfacher, innerhalb seiner Gruppe zu daten, meint Goss. So könne man sich die Zeit und das Geld für Datingseiten sparen, die nicht nach politischen Einstellungen vorsortieren. "Wir schränken einfach nur den Pool der Kandidaten aufgrund einer gewissen Eigenschaft ein, heutzutage ist das beim Dating unglaublich wichtig geworden."

Online-Dating-Giganten wie Match.com oder Tinder bedienen zwar jeden Suchenden ohne Einschränkungen, bieten für manchen aber zu wenig Orientierung im unübersichtlichen Single-Markt. Vielleicht ist das gerade der Grund, warum kleine Nischen-Anbieter Erfolg haben. Neben Online-Seiten, die sich auf politische Einstellungen konzentrieren, gibt es beispielsweise Angebote für Veganer oder Verschwörungstheoretiker.

Laut Greogry Huber, Politik-Professor in Yale, sind politische Ansichten nicht alleine entscheidend bei der Suche nach einem Lebenspartner. Alter, Rasse und Religion sind den Amerikanern noch wichtiger. Stellt sich die Frage: Wenn sowohl Republikaner als auch Demokraten lieber in ihrer jeweiligen Echokammer bleiben und sich auch in Partnerschaften und Familien immer weiter voneinander abgrenzen, wird dann der Graben in der amerikanischen Gesellschaft nicht noch tiefer als er sowieso schon ist?

Wie weit das führen kann, erzählt Prano. Vor einigen Wochen hat er bei LiberalHearts.com das Profil eines neuen Mitglieds bekommen. Darin sei zu lesen gewesen: "Kürzlich habe ich mich von meinem Mann scheiden lassen. Er hat Trump gewählt!"

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