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Der Geiger Michael Barenboim ist der Sohn des Dirigenten Daniel Barenboim.

© Matthias Balk/dpa

Michael Barenboim spielt im Konzerthaus: Vom knisternden Papier befreit

Klug konzipiert: Der Geiger Michael Barenboim und die Pianistin Natalia Pegarkova geben einen Sonatenabend im Konzerthaus.

Wer im Geigenspiel über die ersten Anfänge hinausgekommen ist, wird sich unweigerlich an Antonín Dvořáks Sonatine versucht haben – es handelt sich dabei weniger um eine „kleine Sonate“ als um das Miniaturmodell einer großen; erwachsene Musik für junge Leute. Dvořáks hat die Sonatine für seine Kinder geschrieben, als sie im Teenageralter waren; wer das Stück als Erwachsener aufführt, sollte es entweder mit aufbewahrter Arglosigkeit oder mit einer Prise distanzierten Humors angehen. Beim Sonatenabend von Michael Barenboim und Natalia Pegarkova im kleinen Saal des Konzerthauses klingt das Werk eher wie Beethoven und vor allem nach ziemlich schwerer Arbeit.

Michael Barenboim ist ein sehr erfolgreicher Geiger der jüngeren Generation, als Solist ist er bereits mit Weltklasseorchestern wie den Wiener Philharmonikern aufgetreten, die mit mehreren Preisen ausgezeichnete Pianistin Natalia Pegarkova ist eine unüberhörbar versierte Kammermusikerin. Das klug konzipierte Programm stellt einerseits Antonín Dvoráks Sonatine und dessen Sonate op. 57 gegenüber. Andererseits begegnen sich Maurice Ravels berühmte späte Violinsonate und ein frühes, erst posthum publiziertes Stück desselben Komponisten.

In der Ton für Ton gewissenhaften Interpretation der jungen Musiker werden jedoch die Profile der beiden Komponisten, die auf den ersten Blick sehr wenig miteinander verbindet, kaum deutlich. Insgesamt vermisst man Lebendigkeit und Freiheit des Ausdrucks. Ravels berühmtem Blues fehlt Lockerheit, dem eher luftigen Finalthema aus Dvořáks Sonate bekommen die schweren Akzentsetzungen nicht gut. Barenboim meistert schwierigste Oktavpassagen und auch Ravels hochvirtuoses „Perpetuum mobile“ ohne viel Mühe, aber doch auch ohne großen Glanz. Für Barenboim und Pegarkova spricht dagegen der völlige Verzicht auf Eitelkeit und Imponiergehabe und ein feines Zusammenspiel. Als aufmerksam erweisen sich die Musiker auch gegenüber dem begeisterten, am Ende mit zwei Zugaben belohnten Publikum: Sie legen eine vom Komponisten nicht vorgesehene Pause ein, bis ein Hustenbonbon vom knisternden Papier befreit ist.

Benedikt von Bernstorff

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