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 Roger Waters bei einem Konzert Ende Mai in Kansas City, USA.

© Shane Keyser/The Kansas City Star/AP/dpa

Roger Waters und sein Soloalbum: Gott ist doch gut

Alter Pink-Floyd-Rock für ewig unsichere Zeiten: Roger Waters hat mit „Is This the Life We Really Want?“ nach 25 Jahren wieder einmal ein Soloalbum veröffentlicht.

Roger Waters’ Plattenfirma Sony hat vorab schon das Gruseln gelehrt. Von einem „unerschrockenen Kommentar über die moderne Welt und über die unsicheren Zeiten, in denen wir leben“ fabuliert sie in der Werbung für sein Album „Is This the Life We Really Want?“. Die Zeiten, die schließlich immer unsicher waren und sind, das haben sie so an sich, wie das Leben auch, korrespondieren natürlich wunderbar mit der Frage dieses Albumtitels, die nur eine Antwort kennt: Nö. Aber es hilft ja alles nichts.

Und wenn Roger Waters etwas veröffentlicht, hilft alles noch weniger als nichts. Die Welt merkt dann auf, von wegen Pink Floyd, zumal es das erste Soloalbum von Waters seit 25 Jahren ist, seit seinem unerschrocken medienkritischen Album „Amused To Death“. Ursprünglich sollte „Is This the Life We Really Want?“ ein Radio-Feature werden. Doch dem Produzenten Nigel Godrich, der 2014 den Soundtrack für Waters’ „The Wall“-Film mixte, gefielen die Demos so gut, dass beide sich daran machten, daraus ein Album zu schneidern.

Den Bullshit und die Lügen von Trump ist Waters satt

Formal ist dieses ingesamt vierte Waters-Solowerk ein konventionelles Album geworden, kein Konzeptalbum, mit zwölf Songs, die zwar hie und da ein paar Hörspielschnispel, abrupte Enden und Soundgimmicks enthalten, aber sich kaum aufeinander beziehen. Es sei denn, man ist bereit, das Ganze als durchgehenden politischen Kommentar zu verstehen, als ein, nun ja: „brisantes“ Politalbum. Mal imaginiert Waters sich als Gott, der, wenn er es denn wirklich einmal wäre, sicher „einen besseren Job“ gemacht hätte, von wegen Kriegen und Naturzerstörungen und überhaupt. Mal lässt er nach der Apokalypse den letzten Flüchtling der alten Welt den ersten Tag der neuen Welt erleben. Dann gibt es – wer hätte das gedacht? – einen expliziten Anti-Trump- Song, einen mit ironischem Trump- O-Ton-Einspieler. In einem anderen Stück beschimpft Waters Trump als „leader with no fucking brains“. Auch den amerikanischen Traum entlarvt er als Fake: „Wir hätten frei sein können. Aber wir haben den amerikanischen Traum gewählt. Wir können die Uhr nicht mehr zurückdrehen.“ Doch, wie gut, wichtig, kämpferisch: „We will not listen to / Your bullshit and lies /Your bullshit and lies.“

Abgehangen authentisch, nicht retrofuturistisch

Das mag alles angehen, dagegen ist nichts einzuwenden. Der alte Mann (73) ist zornig und feinnervig und politisch wach. Und versteht es, den einen oder anderen Misstand mit einigermaßen poetischen Zeilen anzuprangern. Nur macht er das in einem musikalischen Gewand, das reichlich abgewetzt ist und das der unter anderem bislang für Radiohead, Beck oder U2 tätige Produzent Godrich nicht schöner gemacht hat. Also gibt es reichlich orchestralen Bombast, und wenn dieser reduziert wird, wenn Waters es folkiger, ruhiger zugehen lässt, wird es raunend-schmierig, mit zart-nervig dräuenden Geigen- und Pianoklängen.

Roger Waters hat ein Pink-Floyd-Album gemacht, das Pink Floyd nicht mehr machen können, weil sie das nicht mehr wollen, weil sich Waters, David Gilmour und Nick Mason ewig nicht mehr grün sind, trotz einer gewissen Altersmilde inzwischen. „Is This the Life We Really Want?“ lässt sich gut zwischen „Animals“ von 1977 und „The Wall“ von 1979 einordnen, zwischen zwei Pink-Floyd-Alben also, die vor knapp vier Dekaden erschienen sind. So klingt es, abgehangen authentisch, aber nicht retrofuturistisch – und damit nicht nach einer Popmusik, die man in der Gegenwart hören will, in diesen ach so unsicheren, ach so unübersichtlichen Zeiten zumal. Die aber verlangen nach kongenialerer musikalischer Aufbereitung.

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