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Die Schauspielerin Vanessa Redgrave.

© dpa

Vanessa Redgrave zum 80.: Königin, Kämpferin, Dame

Historische Rollen, linke Gesinnung und keine Berührungsängste mit dem Fernsehen: Der britischen Schauspielerin Vanessa Redgrave zum 80. Geburtstag.

Mit Michelangelo Antonionis „Blow Up“ landete Vanessa Redgrave 1966 mitten im Swinging London, und sie war einer der Gründe, warum der Film über den mürrischen Modefotografen, der einen Mord aufnimmt, Kultstatus erlangte: Groß, schlank und androgyn, verkörperte die knapp 30-Jährige das Frauenideal der Zeit; und im Vergleich mit den vielen echten Models im Film schnitt sie gut ab, weil sie sich anders als jene nicht herumschubsen lassen musste. Selbstbewusste und eigenständige Frauenrollen wurden zu ihrem Hauptfach. Und Feministinnen jeglicher Couleur verehren sie dafür bis heute.

Der 1937 als Tochter des Schauspielerpaars Michael Redgrave und Rachel Kempson geborenen Redgrave wurde schon am Abend ihrer Geburt die Zukunft in der Zunft ihrer Eltern vorhergesagt – von keinem Geringeren als Laurence Olivier, der damals mit ihrem Vater „Hamlet“ spielte und dem Publikum nach der Vorstellung mitteilte, dass heute eine große Schauspielerin zur Welt gekommen sei.

So jedenfalls will es die Legende, tatsächlich erwartete aber niemand etwas anderes von ihr. Sie absolvierte zunächst eine Ballett- und dann eine Schauspielausbildung, um – neben ihrem Vater – 1958 auf der Bühne und im Film zu debütieren. Bereits 1961 war sie Mitglied der Royal Shakespeare Company.

Und auch im Film spielte sie jede Menge historische Rollen: so in Biografien über die Tänzerin Isadora Duncan (1968), die schottische Königin Maria Stuart (1971) und ihre Widersacherin Elisabeth I. („Anonymous“, 2011), die transsexuelle Tennisspielerin Renee Richards („Zweiter Aufschlag“, 1986) oder die Schriftstellerin Agatha Christie (1979), in Theater- und Literaturverfilmungen von Shakespeare bis Rosamunde Pilcher, von Virginia Woolf bis Ian McEwan, und im Genrefilm vom Märchen bis zum Spionage-Thriller. Berührungsängste mit dem Fernsehen hatte sie nie, schon in den sechziger Jahren trat sie in Serien auf, zurzeit ist sie mit ihrer Stimme in der in England sehr populären Hebammen-Serie „Call the Midwife“ als Kommentatorin der Vergangenheit präsent.

Sie lehnte es ab, von der Queen geadelt zu werden

Als dezidierte Linke und Kriegsgegnerin hat Redgrave sich nicht nur Freunde gemacht: Ausgerechnet als sie für die Rolle einer Widerstandskämpferin im nationalsozialistischen Deutschland in „Julia“ (1977) für einen Oscar nominiert wurde, demonstrierten Mitglieder der rechtsnationalen Jewish Defense League gegen die Academy und gegen Redgrave persönlich, weil sie sich für die palästinensische Freiheitsbewegung engagiert hatte. Redgrave betrat den Veranstaltungsort durch den Hintereingang und gewann tatsächlich als beste Nebendarstellerin. Ein Hauptdarstellerinnen-Oscar fehlt ihr noch.

Vanessa Redgrave ist der Regel eine subtile, präzise und elegante Schauspielerin, aber gelegentlich flüchtet sie sich ins Esoterische, ins Spätmädchenhafte oder ins Chargieren. Offenbar immer dann, wenn sie nicht genug gefordert ist, etwa in Filmen wie „Die Damen aus Boston“, „Deep Impact“ oder „Spuren eines Lebens“.

Komtessen, Prinzessinnen, Königinnen und Kaiserinnen hat Vanessa Redgrave gespielt, adelige Damen sowieso, aber in der Realität hat sie Berührungsängste mit der Monarchie: Als die Queen sie 1999 zur Dame ernennen wollte, hat sie abgelehnt. Heute wird Vanessa Redgrave 80 Jahre alt.

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