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James Rosenquist.

© dpa

Zum Tod von James Rosenquist: Bunt, schrill, direkt

Was machen die Spaghetti auf dem Bomber? James Rosenquist gehörte zu den Begründern der Pop Art. Jetzt ist der Künstler mit 83 Jahren in New York gestorben.

Die verquere Kombination gehörte zu seinen Spezialitäten. Diverse Motive auf abwegige Weise zusammenzustellen – etwa einen Bomber unter anderem mit Spaghetti, einem Haartrockner und einem Atompilz – machte ihn berühmt. Dies alles befindet sich auf dem drei mal 26 Meter großen Gemälde „F-111“, das James Rosenquist 1964 mitten im Vietnam- Krieg malte, eine quietschbunte, kesse Kritik an der amerikanischen Kriegstreiberei. Sie ist gepaart mit vermeintlicher Konsumkritik, denn der Kampfjet saust an alltäglichen Objekten der Begierde vorbei – quer durch das aus 23 getrennten Aluminiumplatten bestehende Werk, das sich heute im New Yorker Museum of Modern Art befindet.

Mit Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Tom Wesselmann und Jasper Johns gehörte Rosenquist damals zu den Begründern der Pop Art. Mit kritischer Distanz war es allerdings nicht weit her, bezogen die Künstler doch ihre wichtigsten Anregungen direkt aus der Werbung. Vor allem für Rosenquist war sie nicht nur die wichtigste Inspirationsquelle, sondern auch Lehrerin. Während seines Studiums an der Art Students League in New York verdiente sich der aus North Dakota stammende 22-Jährige als Plakatemaler seinen Lebensunterhalt. Während er sich zu ebener Erde an der Akademie noch als abstrakter Expressionist versuchte, pinselte er in luftiger Höhe überlebensgroß Werbung für Whiskey und schnelle Autos, damit sie noch aus mehreren Blocks Entfernung von den Passanten gesehen werden konnte.

Die Konsumwelt hielt Einzug

Das Prinzip des Close-up, der Collage prägte sein gesamtes späteres Schaffen. Bunt, schrill, direkt – das blieb seine Devise. Ende der 50er Jahre hielt die Konsumwelt Einzug in seine Gemälde, der junge Abstrakte wandelte sich zum realistischen Maler. Seinen Job als Plakatemaler gab er auf und erweiterte das Reservoir um Vorlagen aus der Stockfotografie, dem Film und Comic. „Wir leben in einer freien Gesellschaft“, so Rosenquist. „Die Handlungen, die sich in dieser Gesellschaft abspielen, erlauben Übergriffe, da wir es mit einer kommerziellen Gesellschaft zu tun haben. So habe ich mich eingestellt wie ein Inserent oder eine große Gesellschaft, auf dieses visuelle Aufblasen – in der kommerziellen Werbung, die eine der Grundlagen unserer Gesellschaft ist.“ Rosenquist wollte Bilder machen, nicht Aussagen. Durch die Collage entzog er sich der Eindeutigkeit.

Und doch lässt sich Rosenquist nicht auf den Chronisten der Konsumgesellschaft reduzieren, dafür schmuggelte er immer wieder Störmanöver ein. Zwar ködert er den Betrachter mit Opulenz, doch vergeht ihm bei längerer Betrachtung das Verlangen. Der Kühler eines Ford, ein sich umarmendes Paar und glibberige Spaghetti horizontal übereinander gestapelt lösen eher Ekel als Begierde aus.

Schönheit zwischen Kapuzinerkresse

In den 80ern und 90ern wandte sich Rosenquist der Pflanzenwelt zu, malte riesige Blumenbilder, die er mit Frauengesichtern kombinierte. Zwischen den Blättern eines Kapuzinerkresse-Salates mochten da die Augen einer Schönheit hervorblinzeln. Den Reiz solcher Kombinationen, ins Gigantische aufgeblasen, hat nach ihm auch Jeff Koons entdeckt. Bei seinem Berlin-Besuch 2005 in der American Academy nach seiner Vorbildfunktion für den jüngeren Kollegen befragt, antwortete er nur lakonisch: „Hope not.“ Rosenquist weilte damals anlässlich seiner Retrospektive im Kunstmuseum Wolfsburg in der Stadt. Für diesen Herbst bereitet das Kölner Museum Ludwig eine weitere vor. Rosenquist wird sie nicht mehr erleben. Er starb am Freitag in New York mit 83 Jahren.

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