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Das "Wunder von Fatima" jährt sich in diesem Jahr zum 100. Male.

© epd

100 Jahre Fatima-Wunder: Papst spricht Hirtenkinder zum Jubiläum heilig

Visionen, Geheimnisse und ein Papstattentat - Marienerscheinungen machen Fátima seit 100 Jahren zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte weltweit.

Lange Zeit war Fátima ein unbedeutendes portugiesisches Bauerndorf. Dann berichteten drei arme Hirtenkinder, die auf einem Acker die Schafe hüteten, über wundersame Erscheinungen der Jungfrau Maria. Dank dieses „Wunders von Fátima“ wurde aus dem Dorf ein berühmter Wallfahrtsort. Der Stolz der Portugiesen auf ihr Heiligtum ist heute so groß, dass sie den Pilgerort zu ihren drei nationalen Markenzeichen zählen – den drei Fs: Fußball, Fado und eben Fátima.

In diesem Jahr wird Fátima zum wichtigsten Schauplatz der katholischen Welt: Am 13. Mai vor 100 Jahren wollen die drei kleinen Hirten Lucía, Jacinta und Francisco auf einer Weide ein strahlendes Licht gesehen haben, das sie als Zeichen der Muttergottes interpretierten. Maria habe ihnen Geheimnisse offenbart, berichteten die drei, die damals zwischen sieben und zehn Jahre alt waren.

Heiligsprechung der Hirtenkinder

Diese religiöse Begegnung löste einen Pilgerstrom aus, der mit der Jubiläumsfeier und einem Papstbesuch am 12. und 13. Mai einen Höhepunkt erreichen wird. Papst Franziskus wird dann die Hirtenkinder, die Geschwister Jacinta und Francisco, die kurz nach ihrer Marienvision an der spanischen Grippe starben, heilig sprechen. Das dritte „Seherkind“, ihre Cousine Lucía, wurde Nonne und starb 2005 mit 97 Jahren. Für sie ist ein Seligsprechungsprozess im Vatikan im Gang. Lucía schrieb erst mehr als zwei Jahrzehnte nach der Marienerscheinung die religiösen Botschaften auf.

Fátima hat für den Vatikan besondere Bedeutung. Eine der mysteriösen Prophezeihungen wird als Voraussage des Pistolenattentats auf Papst Johannes Paul II. 1981 gedeutet. Der Angriff auf dem Petersplatz in Rom hatte sich am selben Tag ereignet, an dem die erste Marienerscheinung stattgefunden haben soll. Johannes Paul, der lebensgefährlich verletzt worden war, glaubte, dass Maria ihn vor dem Tod bewahrt habe. „Nach dem Mordanschlag erschien es dem Heiligen Vater eindeutig, dass es eine mütterliche Hand war, die den Weg der Kugeln führte und dem sterbenden Papst ermöglichte, vor der Tür des Todes Halt zu machen“, erklärte Jahre nach dem Attentat Kardinal Angelo Sodano. Diese Auslegung mehrte noch den Ruhm Fátimas.

So viele Gästebetten wie Einwohner

In dem Ort selbst waren dem religiösen Wunder längst wirtschaftliche Wunder gefolgt. Die Bauern eröffneten immer mehr Herbergen, so dass ihr Dorf mit dem arabischen Namen heute schon fast so viele Gästebetten wie Einwohner hat. Auch Restaurants und Souvenirshops reihen sich aneinander. Inzwischen kommen jedes Jahr Millionen Pilger in den Ort, der rund 130 Kilometer nördlich von Lissabon liegt.

Allein im Mai, dem Höhepunkt des Fátima-Jahres, werden zwei Millionen Besucher erwartet. Der Papstbesuch kurbelt das Geschäft weiter an. Die Hotelpreise schossen in den letzten Wochen hoch. Zimmer die sonst für 100 Euro zu haben sind, kosten plötzlich 1000 Euro pro Nacht. Die ziemlich unchristlichen Preise schrecken offenbar niemanden ab. „Im Umkreis von 50 Kilometern gibt es kein Bett mehr“, berichtet die regionale Hotelvereinigung.

200 Meter auf den Knien

Die Souvenirshops haben für den Pilgeransturm ihre Lager aufgefüllt. Ihr Verkaufsschlager sind Knieschoner, die fünf Euro kosten, und die für das entscheidende Stück der religiösen Reise hilfreich sind. Die letzten knapp zweihundert Meter bis zur „Erscheinungskapelle“, die genau dort steht, wo die Jungfrau aufgetaucht sein soll, rutschen viele Menschen auf Knien über den Platz.

In vielen Läden werden neben Marienbildchen auch weltliche Produkte angeboten, die gleichfalls als heilig gelten: Zum Beispiel die roten Trikots der portugiesischen Fußballhelden, die im vergangenen Jahr als Europameister die Nation zum Jubeln brachten. Vielleicht half tatsächlich das Gebet von Dolores Aveiro, der Mutter von Portugals Weltfußballer Cristiano Ronaldo, die im Frühjahr 2016 nach Fátima pilgerte, um von der Madonna viel Glück für die portugiesische Nationalmannschaft zu erbitten. Die meisten Pilger kommen jedoch, um für ihren seelischen Frieden oder für die Gesundung ihres Körpers zu beten. „Der Besuch hat mein Herz gewärmt“, berichtet der spanische Pilger Rafa Hernandez, der sich einige Tage vor der Papstreise auf den Weg nach Fátima gemacht hatte.

Wunderheilung inklusive

Auch eine „Wunderheilung“ ist überliefert und wurde 1998 von der Ärztekommission des Vatikans bescheinigt. Demzufolge lag die Portugiesin Maria Emília Santos 22 Jahre gelähmt im Bett – bis sie im Gebet die Muttergottes und die drei Hirtenkinder angerufen habe. „Dann geschah das Wunder“, soll sie gesagt haben, „ich konnte plötzlich wieder laufen.“

Zur Wallfahrtsstätte gehört einer der größten Kirchenvorplätze. Drumherum gruppieren sich neben der „Erscheinungskapelle“ mit der berühmten Marienstatue zahlreiche Gebetsräume. Darunter sind gleich zwei mächtige Tempel: Die gigantische „Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit“, die vor zehn Jahren eingeweiht wurde, und mit annähernd 9000 Sitzplätze zu den vier größten katholischen Kirchen der Welt gehört. und gegenüber die „Alte Basilika“, in der die drei Hirtenkinder begraben liegen.

Seit Wochen putzt sich Fátima für die Feier. Fassaden werden gestrichen, Bodenplatten auf dem riesigen Kirchplatz erneuert, Großbildschirme und Kameras installiert: Die Gemeinde weiß, dass die ganze katholische Welt am nächsten Wochenende auf sie schaut.

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