Kunstereignis Entdeckungen bieten die Pavillons kleinerer Länder

Ihr ganzes Atelier hat die Rumänin Geta Bratescu in die Giardini gebracht. Kanada und Georgien verlocken mit Wasser.

Kunstereignis: Entdeckungen bieten die Pavillons kleinerer Länder
Foto: H.M.

Venedig. Viele Länderpavillons in den Giardini sind eine Reise wert. Finnland schickt Nathaniel Mellors und Erkka Nissinen ins Rennen. Sie entführen in Videos und Animationen die Besucher nach Absurdistan. Mit minimalem Equipment aus Pappkartons mit ausgeschnittenen Gucklöchern verkackeiern sie Nationalismus und Globalisierung. Kabarett pur.

Kunstereignis: Entdeckungen bieten die Pavillons kleinerer Länder
Foto: dpa

Für Neuseeland hat Lisa Reihana aus drei Filmen ein Breitwandpanorama gezaubert, indem sie eine französische Wandtapete animierte und nun Ureinwohner und englische Seefahrer auftreten lässt. Performance, Maori-Musikinstrumente, Eingeborenen-Idylle und europäische Expansionsgelüste tauchen in diesem köstlichen Loop auf.

Im rumänischen Pavillon wird eine uralte Hand gefilmt, die mit einem schwarzen Eddingstift Linien zeichnet, ein billiges Stück Papier zerreißt und als Lineal gebraucht, um eine akkurate Kante zu erzeugen. Die Hand gehört zur 91-jährigen Grande Dame der konzeptuellen Kunst Rumäniens, Geta Bratescu. Ihr Atelier voller Zeichnungen und Papiercollagen hat sie mitgebracht. Es zeugt von Selbstbefragung und Selbstbehauptung, aber auch von einem erstaunlich sicheren Gefühl für Farben und Formen.

Offensichtlich auf hohe Temperaturen in Venedig hoffen der Georgier Vajiko Chachkhiani und der Kanadier Geoffrey Farmer. Chachkhiani, Schüler von Gregor Schneider, hat in seiner Heimat für wenig Geld ein verlassenes Holzhaus gekauft und setzt es nun mithilfe eines Pumpsystems permanent unter Wasser. Farmer inszeniert im Freien eine amüsante Wasserschlacht.

Beeindruckend ist der Beitrag von Candice Breitz für Südafrika. Ihr Video mit einem dunkelhäutigen Menschen in einem vom Wasser bedeckten Boot ist sehr suggestiv, denn Mann oder Frau scheinen dem Tod durch Ertrinken nur schwerlich zu entrinnen.

Das Schweizer Künstlerpaar Teresa Hubbard und Alexander Birchler setzt sich mit dem Leben und Erbe Alberto Giacomettis auseinander, der einst als Student in Flora Mayo eine längst vergessene und in Armut gestorbene Muse hatte.

Die großen Kunstnationen bieten nicht gerade Prickelndes. Im britischen Pavillon hat man sich von Phyllida Barlow (Jg. 1944) mehr erwartet. Die renommierte Professorin der Slade School of Art, die so viele berühmte Künstler hervorgebracht hat, startete ihre eigene Karriere mit farbigen Baumaterialien. Frankreich hat sich ein Tonstudio einrichten lassen, dessen hölzerner Aufbau an den Merzbau von Kurt Schwitters erinnert. Und der Amerikaner Mark Bradford verliebt sich in einen Materialfetischismus.

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