Hütter gegen Pelham Sampling-Urteil: EU-Gericht bekommt es mit deutschem Urheberschutz zu tun

Im Endlos-Streit um einen Kraftwerk-Beat rückt die Entscheidung in weite Ferne. Der BGH fragt erst einmal Luxemburg um Rat. Auch über Militärberichte im Netz wollen die Richter nicht allein urteilen.

Ralf Hütter (l-r), Henning Schmitz, Fritz Hilpert und Falk Grieffenhagen von der Band Kraftwerk beim 47. Montreux Jazz Festival auf. Archivbild.

Ralf Hütter (l-r), Henning Schmitz, Fritz Hilpert und Falk Grieffenhagen von der Band Kraftwerk beim 47. Montreux Jazz Festival auf. Archivbild.

Foto: Sandro Campardo

Karlsruhe. Es geht um Hip-Hop, einen geklauten Beat und geheime Bundeswehr-Berichte: Grundlegende Fragen zum Urheberschutz in Deutschland und in der EU werden demnächst den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe setzte am Donnerstag zwei höchst unterschiedliche Verfahren aus, um zunächst den Rat der Luxemburger Kollegen einzuholen.

Der schillernde Streit zwischen dem Komponisten und Produzenten Moses Pelham und den Elektropop-Pionieren Kraftwerk wandert schon seit fast zwei Jahrzehnten durch die Instanzen. Zankapfel ist ein Rhythmus aus dem Kraftwerk-Titel „Metall auf Metall“ von 1977. (Az. I ZR 115/16)

Pelham hatte die Zwei-Sekunden-Sequenz 1997 ohne Erlaubnis benutzt und in Endlosschleife unter den Song „Nur mir“ mit der Rapperin Sabrina Setlur gelegt. Kraftwerk-Mitbegründer Ralf Hütter sieht sich um ein Stück seines Schaffens bestohlen und hat Pelham verklagt. Der Streit hat für die Musikbranche grundsätzliche Bedeutung. Denn das „Sampling“, also die künstlerische Auseinandersetzung mit älteren Originalen, ist in Hip-Hop und Rap heute ein gängiges Stilmittel.

Ganz anders der zweite Fall: Hier geht es um investigative Recherchen und die Reichweite der Pressefreiheit. Reporter der Funke-Mediengruppe hatten sich vergeblich um Einsicht in militärische Lageberichte bemüht, die wöchentlich als Verschlusssache an Abgeordnete und Ministerien gehen. Schließlich wurden ihnen die sogenannten Afghanistan-Papiere nach eigener Darstellung zugespielt. Ende 2012 stellten sie Tausende dieser Dokumente ins Netz.

Um dem ein Ende zu setzen, hat die Bundesregierung wegen verletzter Urheberrechte geklagt - bisher mit Erfolg. Deshalb stehen die Papiere im laufenden Verfahren nicht mehr online. (Az. I ZR 139/15)

Beide Fälle verbindet die Frage, in welchem Verhältnis deutsches und europäisches Recht hier stehen. Ist alles EU-weit schon einheitlich geregelt oder gibt es noch nationale Spielräume? Davon hängt ab, ob die deutschen oder die europäischen Grundrechte berührt sind - und wer bei einer Verletzung zuständig wäre. Im Sampling-Streit hatte zuletzt das Bundesverfassungsgericht eine Lanze für die Kunstfreiheit gebrochen und das vom BGH bestätigte Verbot des Setlur-Songs gekippt. Nun zweifeln die BGH-Richter in ihrem Vorlagebeschluss offen an, ob das Verfassungsgericht in der Sache überhaupt etwas zu sagen hat. dpa

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