Eine andere Perspektive

Das Von der Heydt-Museum zeigt in der Kunsthalle seine Fotosammlung. Der Fokus liegt auf Wuppertal — und neuen Ansichten.

Eine andere Perspektive
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Es ist nicht leicht für das Von der Heydt-Museum, so zwischen Köln und Essen; zwischen dem Museum Ludwig und dem Folkwang Museum. Denn beide Häuser sind maßgebend für die Fotokunst, besitzen große, relevante Sammlungen — und vor allem Expertise. Museumsdirektor Gerhard Finckh sagt, das sei die Krux. Das VdH-Museum habe sich immer zurückgehalten, Fotokunst zu erwerben. Es fehle an Expertise, weil der Schwerpunkt eben auf der Malerei liege.

Dass die Fotografie bei aller Bescheidenheit Finckhs trotzdem einen Platz in der Sammlung des Museums hat — und diese Sammlung auch sehenswert ist, zeigt das VdH-Museum jetzt in der Ausstellung „Experimenta“ in der Kunsthalle Barmen. Knapp 100 Fotos stellt das Museum aus an den schlichten weißen Wänden der Kunsthalle Barmen.

Beate Eickhoff, Kuratorin

Zusammengestellt hat sie Kuratorin Beate Eickhoff. Auch sie tritt mit Zurückhaltung auf, bei der Präsentation der Schau. „Als Kunsthistorikerin tritt man etwas zurück, wenn es um Fotografie geht“, sagt sie. Aber wenn man sich mit moderner Kunst befasse, komme man doch nicht um sie herum. Sie geht dabei im Grunde so vor, wie auch die Kunstgeschichte selbst die Fotografie erschlossen und eingemeindet hat: behutsam und langsam. Und trotzdem ohne einen Weg zurück.

So präsentiert Eickhoff in fünf Räumen fünf verschiedene Herangehensweisen an die Foto-Kunst. Im ersten Raum werden etwa Aufnahmen der Hamburger Fotografin Ingrid von Kruse gezeigt, die einige Jahre in Wuppertal gelebt hat. Hier legt Eickhoff auch die Distanz zu dieser Kunst ab und ordnet die Bilder direkt ein: „Man sieht, was ein Fotograf können muss, wenn er Porträts schießt: ein Fotograf muss Psychiater sein.“ Auf den Bildern sind Wuppertaler Persönlichkeiten wie Rita Süssmuth, Alice Schwarzer und Johannes Rau zu sehen. Es sind Bilder aus dem Gespräch heraus, die den Betrachten in die Situation ziehen. Wuppertal zieht sich wie ein roter Faden durch den Raum, in dem auch Bilder von Karl Heinz W. Steckelings zu sehen sind, die er im Tanz-Theater Pina Bauschs aufgenommen hat.

Wuppertal bleibt im Fokus, auch im zweiten Raum. Dessen Thema ist Architektur. Moderne Bauten haben Fotografen von je her fasziniert. „Wuppertal hat wunderbare Monumente“, sagt Eickhoff — allein wegen der Schwebebahn. Dazu hatte Wuppertal auch einige Studenten am Bauhaus, der bedeutendsten Kunstschule der Weimarer Republik. „Hier war die Euphorie präsent, etwas Neues zu machen“, sagt Eickhoff.

Denn am Bauhaus wurde das „Neue Sehen“ entwickelt, andere Perspektiven und Ausschnitte wurden gewählt, Bilder dynamisiert, die vorher nur Stillstand zeigten und der Dokumentation galten. Die Gegensätze verdeutlichen etwa die Bilder von Albert Renger-Patzsch und Björn Ueberholz, Marie Luise Oertel und Bernd und Hilla Becher. Letztere zeigen etwa alte Serienaufnahmen der Werther Brücke aus dem Jahr 1970 — Bilder, die auch aus stadtgeschichtlicher Sicht interessant sind.

Während diese Bilder zwar eine veränderte Perspektive einnehmen, geht es in Raum 3 weiter ins Detail. „Experimente und Strukturen“ heißt er und zeigt etwa frühe Lichtexperimente von Man Ray (1923) und Stillleben von Karl Blossfeld. „Für mich wirkt das wie Eisen, hat etwas von Bildhauerei“, sagt Eickhoff. Gartenexperten werden aber die dargestellten Pflanzendetails erkennen. Es geht um Nahansichten, den Blick in die Strukturen.

Raum 4 zeigt „Konzeptuelle Programme“, bei denen die Kameras helfen, Themen zu bearbeiten. So zeigt Monika Baumgartl etwa den Weg des Mondes durch einen optischen Trick oder Jan Dibbets „Ebbe und Flut“ — „Wie sollte man das auch sonst ins Museum bringen?“, fragt Eickhoff.

Raum 5 beschäftigt sich mit „Neuen Wegen“ — aber so könnte auch die ganze Schau heißen — wegen der Entwicklung der Fotografie in der Kunst, aber auch wegen der Hinwendung des VdH-Museums zu dieser Kunstform.

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