Der Gerechtigkeit sei Genüge getan worden – das hat die WikiLeaks-Informantin Chelsea Manning in ihrem ersten Interview seit ihrer Entlassung aus dem US-Gefängnis erklärt. Zudem übernahm sie die Verantwortung für die Verbreitung von 700.000 vertraulichen Armeedokumenten und Depeschen der US-Diplomatie. "Niemand hat mir gesagt, das zu tun. Niemand hat mich dazu angeleitet", sagte die 29-Jährige dem US-Sender ABC. Es sei allein ihre Entscheidung gewesen.

Mitte Mai wurde Manning nach sieben Jahren vorzeitig aus der Haft entlassen – weil der frühere US-Präsident Barack Obama die restliche Haftstrafe erließ. Noch nie zuvor saß eine Whistleblowerin solang in Haft. Der jetzige US-Präsident Donald Trump bezeichnete Manning nach ihrer Begnadigung als "Verräterin", die "niemals" das Gefängnis verlassen dürfe.

Als Manning in dem Interview gefragt wurde, was sie Obama bei einem Treffen sagen würde, brach sie fast in Tränen aus: "Danke. Alles was ich wollte, war eine Chance. Diese habe ich jetzt bekommen."

Schuldig gesprochen wegen Spionage

Manning hatte als Whistleblowerin die Unterlagen von Militärrechnern heruntergeladen und 2010 der Enthüllungsplattform WikiLeaks zugespielt. Damals war sie als Obergefreiter Bradley Manning in der Nähe von Bagdad stationiert. Dem Sender sagte sie, die Nachrichten über die Aufstandsbekämpfung an den Kriegsschauplätzen in Afghanistan und im Irak sowie die Berichte über getötete Zivilisten hätten sie erschüttert. 

Sie hegte demnach die Hoffnung, eine Debatte über die Kriege anstoßen zu können. "Wir filterten alles: Statistiken, Berichte, Daten, Zeitzonen, Orte, aber irgendwann hältst du schließlich an. Ich habe damit aufgehört, nur noch Statistiken und Informationen wahrzunehmen, dafür dann aber angefangen, Menschen zu sehen", sagte sie weiter zu ihren Beweggründen.

Im Mai 2010 wurde Manning festgenommen und im August 2013 zu 35 Jahren Haft verurteilt, unter anderem wegen Spionage. Die Strafe verbüßte sie im Militär-Hochsicherheitsgefängnis Fort Leavenworth im US-Bundesstaat Kansas, dabei unternahm sie zwei Selbstmordversuche. Im April 2014 trug ein US-Gericht Mannings Wunsch Rechnung, sich Chelsea nennen und als Frau leben zu wollen. Schließlich erlaubte die US-Armee ihr auch eine Hormonbehandlung zur Geschlechtsumwandlung.