Nach einem langen Tag mit schweren Scharmützeln steht der Vier-Sterne-General vor einer Gruppe misstrauischer afghanischer Dorfbewohner und versucht, ihnen die Segnungen seines Einsatzes deutlich zu machen. Er wolle aus Afghanistan doch nur ein Land in Frieden und Freiheit machen, in dem es Straßen und Schulen gebe und in dem alle immer genug zu essen hätten. Ein Afghane erwidert: "Es wäre uns am liebsten, wenn Sie das Land sofort verlassen." – "Aber das wollen wir doch", sagt der General: "Bald! Wir gehen, wenn wir Ihr Land wieder aufgebaut haben und Sie in Sicherheit leben können!" – "Es wäre uns am liebsten", wiederholt der Afghane, "wenn Sie das Land sofort verlassen."

Der Film War Machine, der jetzt auf Netflix läuft, erzählt die Geschichte dieses unermüdlichen Generals, der im Jahr 2009 vom frisch gewählten Präsidenten Barack Obama als Oberbefehlshaber nach Afghanistan geschickt wird. Er kommt mit energischem Auftreten, guten Absichten und strategischem Wissen – und scheitert wie alle, die sich vor ihm an derselben Aufgabe versuchten. An der Unübersichtlichkeit der Situation und insbesondere an dem Umstand, dass es in Afghanistan keinen klar identifizierbaren Gegner gibt, sondern sehr viele Menschen, die man nicht versteht und von denen man nicht weiß, ob sie zu den Freunden oder Feinden gehören. Genug Soldaten gibt es für die schwierige Mission auch nicht, darum muss der Vier-Sterne-General zwischen zwei Einsätzen in den staubigen Bergen auch noch auf Betteltournee durch die europäischen Hauptstädte gehen; und weil ein Reporter des Magazins Rolling Stone, der ihn dabei begleitet, in seinem Porträt anschließend enthüllt, wie abfällig der General sich über die politische Führung in Washington äußert, wird er schließlich entlassen.

Im Film heißt der General Glen McMahon und wird von Brad Pitt dargestellt; sein reales Vorbild heißt Stanley McChrystal und diente tatsächlich von 2009 bis 2010 in Afghanistan. Auch den Reporter hat es wirklich gegeben: Michael Hastings brachte McChrystal mit seiner Rolling-Stone-Geschichte zu Fall und erweiterte sie 2013 zu einem Buch (The Operators: The Wild and Terrifying Inside Story of America’s War in Afghanistan).

Auf dessen Grundlage hat Brad Pitt nun einen Film mit sich selbst in der Hauptrolle produziert, in dem die Tragik und die absurde Komik der Situation in Afghanistan gleichermaßen zur Geltung kommen sollen; der Streamingdienst Netflix präsentiert War Machine als eine seiner bislang politisch ambitioniertesten Eigenproduktionen.

Nun machen politische Ambitionen noch keinen gelungenen Film. So auch in diesem Fall. Pitt und seine Produzenten wollten eine Art heldentumkritischen Heldenfilm drehen, der zugleich die prinzipielle Verfehltheit des US-amerikanischen Militäreinsatzes in Afghanistan thematisiert. Die Unmöglichkeit des Sieges sollte sich in der Unmöglichkeit der Heldenfigur spiegeln, was Pitt als Aufgabe interpretiert, seinen General gleichermaßen tragisch wie satirisch zu zeichnen. Mithin spielt er ihn derart steroid-überpumpt, als habe er sich in eine Brad-Pitt-Actionfigur verwandelt, deren Körper sich lediglich durch das Drehen an einigen Gliederscharnieren bewegen lässt und die, wenn man sie gerade nicht braucht, zurück in die werksvorgegebene Ruhestellung schnappt: breitbeinig, mit entschlossen nach vorne gerecktem Oberkörper und einer asymmetrischen Mimik, in der sich der einnehmende Blick einer an ihrem Gegenüber interessierten Führungsperson (rechte Hälfte) mit einer rockerhaft gefährlich hochgezogenen Oberlippe paart (linke Hälfte).

Lehrstückhaft und voller Kriegsfilmklischees

Man könnte auch sagen: So unbeholfen und übertrieben chargiert hat selbst Pitt in seiner wechselhaften Karriere noch nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ihm, wie er dem GQ Magazin kürzlich beichtete, nach der Trennung von Angelina Jolie sein gesamtes Selbstbild ins Rutschen geraten ist und auch sein Körpergefühl. Vielleicht muss er auch derart überzeichnet agieren, um die wenigen Facetten seiner Figur überhaupt gegen deren interpretatorische Vorverurteilung durch den Film freispielen zu können. Von der ersten Szene an liegt ein Off-Kommentar über den Bildern, der sich an die Texte von Michael Hastings anlehnt.

Bevor die Betrachterinnen und Betrachter also überhaupt eine Chance erhalten, selber zu verstehen, warum ein heroischer Krieger des hier präsentierten Phänotyps nicht mehr in die militärische Gegenwart passt, wird ihnen diese Erkenntnis bereits unablässig ins Ohr gehämmert. Und weil der Text zudem den bildreich-zuspitzenden Ton der Reportage übernimmt, suchen Kamera und Schauspieler nach noch überspitzteren Bildern, was dann wahlweise unrealistisch lehrstückhaft wirkt oder in symbolisch aufgeladenen Kriegsfilmklischees endet.