Wie viel Einfluss hatte und hat Russland auf Donald Trump? Erst entließ der US-Präsident den FBI-Direktor James Comey, dann wurde bekannt, dass er möglicherweise die Ermittlungen der Bundespolizei beeinflussen wollte. Inzwischen steht auch der Sohn Donald Trump Jr. im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, weil er Material über Hillary Clinton beschaffen wollte und wusste, dass es von der russischen Regierung kommt. Das Justizministerium hat den früheren FBI-Chef Robert Mueller zum Sonderermittler ernannt. Bis er seine Arbeit abgeschlossen hat, könnten Jahre vergehen. Er hat inzwischen eine Grand Jury eingesetzt, also ein Geschworenengremium, das auch Anklagen vorbereitet. Die ersten sind bereits erfolgt: Der frühere Wahlkampfchef von US-Präsident Donald Trump, Paul Manafort, soll sich zusammen mit seinem früheren Geschäftspartner Rick Gates unter anderem wegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Verschwörung vor Gericht verantworten.

Im Kern des Russland-Komplexes geht es um die Behauptung, Trump habe während des Präsidentenwahlkampfs unzulässige Kontakte zum Kreml unterhalten, um darüber die Wahl zu manipulieren – er sei also ein Präsident von Wladimir Putins Gnaden. Im Wesentlichen geht es um vier Vorwürfe:

Vorwurf 1: Russland hat versucht, die US-Wahl zu beeinflussen

Während des Wahlkampfes gab es Hackerangriffe auf die beiden großen US-Parteien. Öffentlich verwendet wurden aber nur Dokumente und E-Mails, die Hacker bei den Demokraten erbeutet hatten. Am 22. Juli 2016, drei Tage vor dem Parteitag der Demokraten, bei dem die Entscheidung zwischen Hillary Clinton und ihrem innerparteilichen Rivalen Bernie Sanders fallen sollte, veröffentlichte WikiLeaks Zehntausende E-Mails von Vertretern der demokratischen Partei. Aus ihnen ging unter anderem hervor, dass die Parteiführung gezielt gegen Sanders gearbeitet hatte.

Am 7. Oktober 2016, in der heißen Phase des Wahlkampfes, legte WikiLeaks nach. Dieses Mal wurde Material veröffentlicht, das bei Clintons Wahlkampfmanager John Podesta abgegriffen worden war. Darunter waren Inhalte von Reden, die Hillary Clinton vor Wall-Street-Bankern gehalten hatte, und interne Diskussionen über den Überfall auf die US-Botschaft in der libyschen Stadt Bengasi, wegen dem Clinton als Außenministerin in die Kritik geraten war. Die Veröffentlichung war Tage vorher von einem engen Vertrauten Trumps angekündigt worden.

Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste, Justizbehörden sowie privater Sicherheitsfirmen wurden die Angriffe von Hackern vorgenommen, die Verbindungen zur russischen Regierung haben. In einem gemeinsamen Bericht vom 29. Dezember 2016 kommen das FBI und das US-Heimatschutzministerium zu dem Schluss, dass die Angriffe auf Initiativen "ziviler und militärischer Institutionen Russlands" zurückzuführen seien. Anfang 2017 teilten die US-Geheimdienste und das FBI in einem weiterem Report mit, dass die Kampagne von Putin persönlich angeordnet worden sei. Ziel sei gewesen, das Vertrauen in den demokratischen Prozess zu schwächen, Hillary Clinton zu verunglimpfen und ihre Chancen bei der Wahl zu mindern. Weiter heißt es in dem Bericht: "Wir gehen weiter davon aus, dass Putin und die russische Regierung eine klare Vorliebe für den gewählten Präsidenten Trump entwickelten." Zuletzt berichtete das Wall Street Journal, das Justizministerium habe sechs Mitglieder der russischen Regierung identifiziert, die an den Hacks beteiligt gewesen sein sollen und bereite Anklagen vor.

Für russische Manipulationen im Wahlkampf wurden intensiv auch Twitter und Facebook genutzt. So identifizierten die beiden Unternehmen insgesamt Tausende mutmaßlich aus Russland gesteuerte Profile, die Stimmungsmache betrieben. Auf Facebook und auf Google-Plattformen schalteten die Accounts auch Werbeanzeigen, die Posts und die Werbung könnten Nutzer im dreistelligen Millionenbereich erreicht haben. Die russischen Anzeigen zielten darauf ab, Spannungen zwischen sozialen und ethnischen Gruppen in den USA anzuheizen. Einige Anzeigen kritisierten beispielsweise die Diskriminierung von Afroamerikanern, andere schürten Angst vor muslimischen Einwanderern.

Vorwurf 2: Russland hat Trump als Präsidenten aufgebaut

Wenn es eine russische Einflussnahme gegeben hat: Beruhte sie auf Absprachen mit Trumps Team, gar einem gemeinsamen Plan? Diese Frage berührt Trumps persönliche Verbindungen nach Russland. Der Präsident hat immer wieder beteuert, dass da nichts sei. Im Februar etwa behauptete Trump, er habe Russland in "zehn Jahren nicht angerufen". Dabei war Trump noch 2013 nachweislich in Moskau, wo er die Wahl der Miss Universe organisierte. Finanziert hatte den Schönheitswettbewerb der Milliardär Aras Agalarow, der sein Vermögen mit Immobilien in Moskau machte. 

Tatsächlich hat Trump als Immobilienunternehmer – soweit bislang feststellbar – keine Bauobjekte oder Hotels in Russland. Verschiedene geplante Projekte, darunter ein Trump Tower in Moskau, kamen nicht zustande. Er selbst sagt, er habe keine Investments in Russland. Allerdings hatte sein Sohn Donald Trump Jr. bei einer Immobilienkonferenz im Jahr 2008 gesagt: "Russen machen einen ziemlich überproportionalen Anteil an unseren Vermögenswerten aus." Und er fügte hinzu: "Wir sehen viel Geld von Russland fließen."  

Elf Tage vor Trumps Amtseinführung veröffentlichte BuzzFeed ein Dossier eines privaten Ermittlers, der behauptet, russische Geheimdienste verfügten über kompromittierendes Material gegen Trump. Das Dossier war von Christopher Steele, einem ehemaligen Agenten des britischen Geheimdienstes MI6, zusammengetragen worden. Es war zuvor bereits US-Geheimdiensten, Kongressmitgliedern und Journalisten zugegangen. Der damalige FBI-Chef James Comey hatte Trump kurz vor der Veröffentlichung über den Inhalt in Kenntnis gesetzt.