Der durch einen Korruptionsskandal schwer angeschlagene brasilianische Präsident Michel Temer hat kurzerhand einen neuen Justizminister ernannt. Das Präsidialamt teilte lediglich mit, der frühere Richter am Wahlgerichtshof, Torquato Jardim, werde das Ressort übernehmen. Der bisherige Justizminister Osmar Serraglio werde anderswo tätig sein, hieß es. Gründe für die Auswechslung wurden nicht genannt.

Polizisten fürchten Einflussnahme

"Jede Änderung in der Führungsstruktur des Justizministeriums löst Verunsicherung und Sorge über eine mögliche politische Einflussnahme aus", sagte der führende Polizeifunktionär Carlos Sobral. Die Zeitung Folha de São Paulo spekulierte, Temer wolle mit der Ernennung Jardims zum Justizminister seine Kontakte zum Wahlgerichtshof verbessern. Der Justizminister beaufsichtigt auch die Bundespolizei, die zusammen mit der Staatsanwaltschaft großangelegte Korruptionsermittlungen unter anderem gegen Temer führt.

Die Ernennung erfolgte wenige Tage vor einem wichtigen Termin am Wahlgerichtshof, der Temer das Amt kosten könnte. Ab dem 6. Juni entscheidet er über die mögliche Annullierung der Wahl von 2014, weil die Kampagnen von Temer und seiner Vorgängerin Dilma Rousseff möglicherweise illegal finanziert worden waren. Temer wurde damals als Vizepräsident gewählt; nach Rousseffs Amtsenthebung 2016 wurde er Präsident. Eines seiner Wahlversprechen: der "Kampf gegen die Korruption".

Seit Wochen fordern Demonstranten teilweise gewaltsam den Rücktritt des Präsidenten und ein Ende von dessen Sparkurs; seine Zustimmungswerte liegen inzwischen nur noch im einstelligen Bereich. Der Konservative weigert sich aber zurückzutreten, Vorwürfe der Korruption und der Behinderung von Ermittlungen weist er zurück. Gegen Demonstranten geht er mithilfe des Militärs vor.

Brasilien wird schon seit Jahren von zahlreichen Bestechungsskandalen erschüttert, in die ranghohe Politiker der jetzigen und der Vorgängerregierungen verwickelt sind. Unter anderem geht es um lukrative Bauaufträge an den Odebrecht-Konzern.