EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat Vorwürfe zurückgewiesen, er sei persönlich für massive Steuervergünstigungen für Großkonzerne in seiner Heimat Luxemburg verantwortlich. Er habe in seiner Zeit als Finanzminister des Landes mit Unternehmen "keine konkreten steuerlichen Vereinbarungen getroffen", sagte Juncker vor dem Untersuchungsausschuss des Europaparlaments zu Briefkastenfirmen in Panama. Anders als in anderen EU-Ländern sei dafür in Luxemburg "die Steuerverwaltung zuständig und nicht die Regierung".

Juncker, der auch Regierungschef Luxemburgs war, sagte: "Ich glaube nicht, dass es im politischen Bereich Verantwortlichkeiten zu suchen gibt." In der Politik sei man über die Machenschaften der Handelnden nicht auf dem Laufenden gewesen.

Der sogenannte Panama-Ausschuss des Europaparlaments beschäftigt sich mit den Recherchen eines internationalen Netzwerkes investigativer Journalisten, den sogenannten Panama Papers. Dieses hatte im April 2016 über rund 200.000 Briefkastenfirmen berichtet, die von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründet worden waren. In diesen Briefkastenfirmen sollen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben. Die Grünen hatten vor der Anhörung Junckers darauf verwiesen, dass Luxemburg indirekt auch von der Einrichtung von Offshore-Firmen in Panama profitiert habe.

Bereits zwei Jahre zuvor hatten Journalisten über Hunderte Fälle berichtet, in denen multinationale Konzerne in Luxemburg auf Kosten anderer EU-Länder Steuerzahlungen vermieden. Nutznießer waren demnach unter anderen der Internethändler Amazon und der Autohersteller Fiat.

"Wir lebten in einer vollkommen anderen Welt", sagte Juncker über seine Zeit als Finanzminister von 1989 bis 2009. Er wolle, dass seine Glaubwürdigkeit nicht an dem gemessen werde, "was ich wie andere als Land oder als Regierung zu verantworten haben, sondern dass Sie die Glaubwürdigkeit dieser Kommission an dem messen, was wir jetzt tun".

"Vom Saulus zum Paulus"?

Noch nie habe eine EU-Kommission so viele Initiativen gegen Steuervermeidung und -hinterziehung ergriffen, fuhr Juncker fort. Er zählte dann zwölf Vorhaben auf und kündigte für Juni ein Dreizehntes an.

Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold, einer der härtesten Kritiker Junckers, räumte ein, dass sich der Kommissionspräsident beim Vorgehen gegen Steuervermeidung und -betrug "ein Stück weit vom Saulus zum Paulus" gewandelt habe. "Sie haben Vorschläge vorgelegt, die sind viel stärker, als was andere vorgelegt haben", sagte er. Was fehle, sei "eine klare Verantwortungsübernahme" für Junckers Zeit in Regierungsverantwortung in Luxemburg.

Giegold wirft Juncker vor, in seiner Zeit als Regierungschef in Luxemburg illegale Praktiken ermöglicht zu haben. Giegold hat errechnet, dass allein dem deutschen Fiskus Steuereinnahmen in Höhe von mehr als 260 Millionen Euro entgangen sein könnten.