Das FBI hat eine 25-jährige Frau festgenommen, die vertrauliche Informationen eines US-Geheimdienstes an die Medien weitergegeben haben soll. Reality Leigh Winner sei am Samstag im Bundesstaat Georgia festgenommen worden, teilte das US-Justizministerium mit. Demnach habe die Angestellte eines privaten Dienstleisters der Geheimdienste vor Ort zugegeben, die geheimen Informationen an eine Nachrichtenplattform gesendet zu haben.

Etwa eine Stunde vor der Mitteilung des Ministeriums hatte die Website The Intercept über ein Dokument des Geheimdienstes NSA berichtet. Aus dem auf den 5. Mai 2017 datierten Bericht gehe hervor, dass der russische Militärgeheimdienst GRU mit Cyberattacken versucht habe, im Vorfeld der US-Wahl im vergangenen Jahr in Wählerregistrierungssysteme einzudringen. Mehrere US-Medien berichteten, dass ein Zusammenhang zwischen dieser Veröffentlichung und der Festnahme Winners bestehe.

So soll Winner während ihrer Festnahme gesagt haben, ein Dokument vom 5. Mai weitergegeben zu haben, meldete die New York Times. Dem Sender NBC wurde der Zusammenhang bestätigt. The Intercept selbst gab an, es habe das Dokument aus anonymer Quelle zugespielt bekommen.   

Eine eidesstattliche Erklärung eines FBI-Agenten erklärt, wie die Behörden die mutmaßliche Whistleblowerin identifiziert haben. So habe The Intercept selbst die US-Regierung über den Erhalt vertraulicher Informationen informiert. Daraufhin habe das FBI herausgefunden, dass die Whistleblowerin eine Regierungsmitarbeiterin gewesen sei, die Kopien anfertigte. Sie habe von ihrem Arbeitscomputer aus in Kontakt mit dem Medium gestanden. 

Der Anwalt der Frau wollte nicht bestätigen, ob die 25-Jährige den NSA-Bericht direkt an The Intercept weitergeleitet hat. Er wollte auch nicht die Regierungsbehörde nennen, in der die Frau arbeitet. "Meine Mandantin hat keine kriminelle Vorgeschichte", sagte der Verteidiger. Sie sei eine sehr gute Person. Laut Justizministerium ist Winners bei dem Dienstleister Pluribus International Corporation angestellt.

Russische Einflussnahme womöglich größer als bislang angenommen

Vizejustizminister Rod Rosenstein verurteilte die Publikation. "Die Veröffentlichung von geheimem Material ohne Autorisierung gefährdet die Sicherheit unserer Nation und untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung", sagte er. Seit Langem beschwert sich US-Präsident Donald Trump über Enthüllungen von vertraulichen Informationen der Regierung in den Medien. Trump hatte angekündigt, mit allen Mitteln gegen die Leaks vorgehen zu wollen.

Ist der NSA-Bericht echt und stimmen die von The Intercept wiedergegebenen Einschätzungen, war der Einfluss Russlands auf die US-Wahl möglicherweise größer als bislang angenommen. Bisher war vor allem über Hackerangriffe auf E-Mail-Accounts von hochrangigen Demokraten berichtet worden. Der Enthüllungsplattform zufolge waren aber auch die Wahlbehörden und ein Unternehmen betroffen.

So hätten russische Hacker unter anderem wenige Tage vor der Wahl im November Phishing-E-Mails an 122 lokale Wahlbeamte versendet, um Schadsoftware zu platzieren. Außerdem sei versucht worden, Login-Daten zu stehlen. Mindestens ein Zulieferer von Wahlsoftware sei angegriffen worden. Wie erfolgreich der Versuch gewesen sei und welche Daten möglicherweise gestohlen wurden, bleibe unklar, heißt es demnach in dem NSA-Bericht. The Intercept gab an, man habe die Authentizität des Berichts von einem unabhängigen Gutachter bestätigen lassen.

Die Veröffentlichung erscheint drei Tage vor dem vorläufigen Höhepunkt in den Ermittlungen zur Russlandaffäre: Am Donnerstag soll der von Donald Trump abgesetzte ehemalige FBI-Direktor James Comey vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen. Mehrere Ausschüsse und auch das FBI ermitteln, inwiefern Russland die US-Wahl beeinflusst hat und ob das Wahlkampfteam um Trump diese Einflussnahme mit den Russen abgesprochen hat.