Albert Einstein selbst glaubte nicht dran. Jetzt haben Astronomen nicht nur in der Natur beobachtet, was er vor gut 100 Jahren mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie vorhersagte, sondern es auch noch praktisch genutzt. Masse von Sternen lenkt das Licht anderer Sterne ab. Sie krümmen den Raum und beugen damit auch Licht auf seinem weiten Weg durchs Weltall bis auf unsere Netzhaut. Diesen Linseneffekt nutzten die Forscher, um die Masse eines Sterns zu bestimmen.

Für Astrophysiker ist diese Nachricht enorm wichtig. Denn sie beendet die jahrzehntelange Kontroverse über die Masse eines weißen Zwergsterns. Einen Stern zu wiegen? Genau das haben Astronomen aus Baltimore jetzt mit Hilfe von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie geschafft. Damit haben sie erneut bestätigt, was Einstein 1919 vorhersagte, wie sie im Magazin Science (Sahu et al., 2017) berichten.

Nach Einsteins Theorie können schwere Objekte im All die Raumzeit krümmen und dadurch das Licht ablenken wie eine Linse. Vom Grad der Ablenkung kann man auf die Masse des Objekts schließen. Das taten die Forscher aus Baltimore nun für einen Weißen Zwerg (solche Sterne sind kollabierte Überreste ausgebrannter Sterne) mit der Katalognummer Stein 2051 B. Dieser liegt rund 18 Lichtjahre von der Erde entfernt und bildet gemeinsam mit einem Roten Zwerg ein Doppelsternsystem. Das Ergebnis: Dessen Masse beträgt etwa zwei Drittel der Masse unserer Sonne. Doch das ist noch gar nicht die eigentliche Sensation.

Knick in der Linse oder doch die verkrümmte Raumzeit?

Vielmehr geht es um den Gravitationslinseneffekt, den die Forscher um Kailash Sahu nutzten. Der wurde erstmals während einer Sonnenfinsternis im Jahr 1919 beobachtet: Die Position von Sternen nahe dem Rand der verdunkelten Sonne erschien leicht verschoben. Einstein wurde schon damals für seine Vorhersage gefeiert, ein wesentlicher Teil seines Ruhms gründet auf dieser Beobachtung. 

Nicht nur die Sonne mit ihrer gewaltigen Masse kann so die scheinbare Position entfernter Sterne verschieben, sondern auch ein anderer, näherer Stern. Allerdings ist der Effekt dann sehr viel kleiner. Außerdem müssen Vordergrund- und Hintergrundstern zufällig genau in einer Linie stehen. Einstein selbst schrieb 1936 in Science (Einstein, 1936), er glaube nicht, dass es möglich sei, dies je in der Natur nachzuweisen.

Die Astronomen aus Baltimore mussten Tausende nahe Sterne untersuchen, bis sie überhaupt ein passendes Doppelsternsystem fanden, an dem sich der Linseneffekt beobachten lassen könnte. Sie wurden fündig und beobachteten vom Hubble-Weltraumteleskop aus im März 2014 wie der Weiße Zwerg vor einem rund 6.500 Lichtjahre entfernten Hintergrundstern vorbeizog.

Erst jetzt veröffentlichten sie das Ergebnis: Die Sternposition änderte sich um rund 0,56 millionstel Grad. Die Astronomen bestimmten die Masse des Weißen Zwergsterns daraus auf 67,5 Prozent der Sonnenmasse. "Es ist, als ob man den Stern auf die Waage legen würde", erläutert Sahu in einer Mitteilung seines Instituts. "Die Ablenkung ist analog zur Bewegung der Nadel auf der Waage."

Der US-Astronom Terry Oswalt (Nature: Oswalt, 2017) erklärt im Video auf Englisch, wie die Messung der Kollegen funktionierte und was davon man zu Hause nachmachen kann: