Selten begegnen wir auf der Straße noch Menschen, die sich eigens zum Ausgehen angezogen haben. Zwar achtet man nach wie vor darauf, nicht zu frieren, doch der Blick der anderen spielt nur insofern noch eine Rolle, als man von ihm nicht tangiert werden will. Das ist nicht immer so gewesen. Bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts diente die Stadt als Bühne, auf der man seinen Status und oft sogar seinen Beruf durch seine Kleidung demonstrierte. Man trat in der selbstverständlichen Annahme vor das Haus, schon durch die eigene Aufmachung in der Rolle anerkannt zu werden, die man im sozialen Kosmos spielte. In Zentren von Geld und Macht, wie bestimmten Vierteln von London, Paris oder Gstaad, mag solche Transparenz noch selbstverständlich sein, doch in weniger mondänen, aber trendrelevanten Städten wie Berlin und New York sind Anonymität und Unauffälligkeit die herrschenden Maximen. Der dortige Look hat nichts mehr mit dem Luxus gepflegten Understatements zu tun. Meist ist schon ein Mantel zu elegant. Man bevorzugt gestückelte Kombinationen, unaufgeregte Farben, den Anschein von Abgetragenheit. Formlose Jogginghosen, Stonewashed Jeans und zerbeulte Chinos erinnern noch an die Arbeiterromantik revolutionärer Gleichheitsstile, doch die Underdog-Rolle soll nicht mehr geglaubt werden. Sie ist bestenfalls Attitüde.