Mr. Zeitlos

DJ Bobo feiert sein 25-jähriges Bühnenjubiläum im ausverkauften Zürcher Hallenstadion. Warum ist dieser Mann nach all der Zeit immer noch so verdammt erfolgreich?

Tobias Sedlmaier
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Tritt bereits zum 19. Mal im Zürcher Hallenstadion auf: DJ Bobo. (Bild:Goran Basic/NZZ)

Tritt bereits zum 19. Mal im Zürcher Hallenstadion auf: DJ Bobo. (Bild:Goran Basic/NZZ)

Wer zur Hölle geht im Jahr 2017 noch an ein Konzert von DJ Bobo? Die Teenies aus den 1990ern, die zu Liedern wie «Somebody Dance with Me» oder «There is a Party» ihre Hüften schwangen und «Bravo»-Starschnitte zusammenklebten, dürften inzwischen Eltern sein, der Nachwuchs musikalisch längst anderweitig sozialisiert. Und doch strömen Menschen jeden Alters an diesem schwülen Nachmittag für die «Mystorial Tour» zum ausverkauften Hallenstadion, kleine Kinder ebenso wie Rentnerpärchen. Zum 19. Mal tritt der inzwischen 49-jährige «King of Dance» dort auf, es ist ein Heimspiel. Im Februar hatte der Aargauer dort bei der Verleihung der Swiss Music Awards den Outstanding Achievement Award für 25 Jahre Bühnenjubiläum entgegengenommen.

Der Countdown läuft

Wer vergessen hat, mit welchen Grössen der Sänger und Tänzer einst zusammengearbeitet hat und wer zu seinem Freundeskreis zählt, wird in Intro-Videos daran erinnert, die vor der Show einen Countdown herunterzählen. Da strahlen internationale Gesichter, Michael Jackson ebenso wie die Backstreet Boys, die einmal Vorband von DJ Bobo waren. Auch deutsche Showgrössen wie Otto Waalkes oder die Buben von der Bullyparade bestellen Grüsse. Und natürlich schaut auch Freund Roger Federer vorbei. Ein blosser Reverenaufmarsch? Der Mann am Getränkestand ist erwartungsfreudig, es ist sein zweites Konzert nach über 12 Jahren: «Bei DJ Bobo geht es weniger um die Musik als um die Show.»

Mit einer Steampunk-Version von Paris im Jahr 1887 eröffnete die Show. (Bild: Goran Basic/NZZ)
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Ein dreistündige Sonate wolle er auf dem weissen Flügel zum Besten geben, kündigte DJ Boboan. Daraus wurden dann ein paar Takte Medley, darunter der Stadionklassiker «Seven Nation Army». (Bild: Goran Basic/NZZ)
Im alten Ägypten gab es eine feurige Pyro-Show... (Bild: Goran Basic/NZZ)
... wie immer mit perfekt choreografierten Tanzeinlagen. (Bild: Goran Basic/NZZ)
Das Publikum war bunt gemischt, auch viele Kinder feierten mit. (Bild: Goran Basic/NZZ)
Ein auf die Bühne geholter Zuschauer durfte den Song «Everybody» mitsingen. (Bild: Goran Basic/NZZ)
Bis in die Steinzeit führte die musikalische Zeitreise an diesem Abend. (Bild: Goran Basic/NZZ)
Nancy Baumann, die Frau von DJ Bobo, ist als Tänzerin (hier in der Mitte) wichtiger Teil der Show. (Bild: Goran Basic/NZZ)
Auch nach 25 Jahren ziehen die Shows von DJ Bobo noch ein grosses Publikum an – das Hallenstadion war ausverkauft. (Bild: Goran Basic/NZZ)

Mit einer Steampunk-Version von Paris im Jahr 1887 eröffnete die Show. (Bild: Goran Basic/NZZ)

Der Countdown ist gerade abgelaufen, da steht der Showmaster plötzlich selbst auf der Bühne, alleine, in weissen Hosen, mit Zylinder und goldener Pilotenbrille. Welcome to my story: Es beginnt eine Zeitreise. Erste Station eine Steampunk-Version von Paris im Jahr 1887, der Eiffelturm ist noch eine Baustelle. Auf der Videoleinwand rattern Zahnräder, rauchen Industrieschornsteine, segeln Zeppeline vorbei.

Die ersten drei Lieder sitzt das Publikum noch brav auf den Stühlen – es gibt keinen Stehbereich – und schwenkt blaue, grüne und rote Leuchtstäbe. Dann reisst es die Halle hoch, es wird getanzt hinein in die anderen Welten, das alte Ägypten samt zwei Tonnen schwerem Pharaokopf und Pyrozauber, immer weiter zurück zur Steinzeit und schliesslich zurück in die 1990er Jahre und final in die Zukunft.

DJ Bobo als Markenprodukt

Nicht nur die aufwendig gestaltete Show überlässt nichts dem Zufall, auch ihre kommerzielle Verwertung ist komplett durchgeplant. Von bedruckten Ohrstöpseln und Tassen über ein eigenes Magazin der «Schweizer Illustrierten» ist DJ Bobo als Markenprodukt omnipräsent. Dazu wird der Abend von mehreren Kameras aufgezeichnet, auf dass man ihn digital für 40 Franken nach Hause holen kann.

Auch die emotionalen Momente sind perfekt inszeniert: DJ Bobo bittet einen ausgewählten Zuschauer auf die Bühne, lässt ihn eine Passage mitrappen, seine Partnerin erhält eine Aufzeichnung. Mit den Smartphone-Taschenlampen der Zuschauer lenkt er eine minutenlange La-Ola-Welle aus Lichtpunkten. Schliesslich wird der langjährige Choreograf Curtis Burger verabschiedet, der in Zukunft nur noch im Hintergrund mitwirken soll.

Dazwischen wird allerhand aus den 1990er Jahren in die Show inkorporiert. Irene Cara schmachtet «What a feeling» in Videoaufnahmen, und die fetzigen Trommelrhythmen des Safri-Duos sind zu hören. Was davon authentisch und was Playback ist, spielt hier erst einmal keine Rolle. Es geht um den maximalen Effekt, es geht um Verbindung und um Verbundenheit. Nicht umsonst fallen ständig Wörter wie «Everybody» und «together», einer geht in der Masse auf, oder die Masse eben in einem. In diesem Fall ist es ein stets freundlich lächelnder Schweizer DJ, der mit professioneller Lässigkeit diese eklektische Zeitlosigkeit zusammenhält