Meine liebste Feindin

Die US-Serie «Feud» lässt derzeit einen legendären Abnützungskampf zweier Hollywood-Stars wiederaufleben: Jessica Lange und Susan Sarandon spielen Bette Davis und Joan Crawford.

Jürg Zbinden
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Die TV-Serie «Feud» über die wenig glanzvollen Seiten der Stars. (Bild: Suzanne Tenner / AP)

Die TV-Serie «Feud» über die wenig glanzvollen Seiten der Stars. (Bild: Suzanne Tenner / AP)

Die Fehde (engl. feud) hatte immer schon einen zweifelhaften Ruf. Heute, da Nachbarschaftsfehden zur Ergötzung der Schadenfreudigen im Fernsehen ausgetragen werden, mehr denn je. Wenn schon gestritten werden muss, dann mit Durchtriebenheit und Glamour, bitte schön. Der amerikanische Kabelsender FX ist diesem Wunsch nachgekommen. «Feud» lässt den legendären Abnützungskampf zweier Hollywood-Schlachtrösser wiederaufleben, die in ihren Glanzzeiten Vollblüter ersten Ranges waren: Bette Davis und Joan Crawford.

Der massgebliche Kreative hinter dem retrospektiven Grossprojekt ist Ryan Murphy («Nip/Tuck», «Glee», «American Horror Story»). Bette Davis und Joan Crawford sind die Ikonen der globalen Gay-Grossgemeinde (Judy Garland, Mae West und Barbra Streisand mögen es verzeihen).

Susan Sarandon sticht alle aus

Nur ein einziges Mal traten Davis und Crawford gemeinsam in einem Film auf, bezeichnenderweise in einem Horrorfilm – Robert Aldrichs Klassiker «What Ever Happened to Baby Jane?» (1962). Um dessen zähe und aufreibende Entstehungsgeschichte dreht sich «Feud».

Nachgerade grandios ist der Vorspann, der mittels farbiger Scherenschnitte Hitchcocks «Vertigo» und die Sechziger-Jahre-Serie «Mad Men» mit Schreckensszenen aus «What Ever Happened to Baby Jane?» zusammenführt. Der zweite Wurf gelang den Machern von «Feud» mit der Besetzung. Die unverwüstliche Susan Sarandon verkörpert Bette Davis, deren Widersacherin Joan Crawford gibt die famose Jessica Lange, die schon in «American Horror Story» Furchtlosigkeit bewies.

Als hochverdiente Siegerin nach Punkten muss man allerdings Sarandon bezeichnen, deren darstellerische Leistung schlicht und einfach phänomenal ist. Der auch im Übrigen namhafte Cast zeigt, dass die Fernsehserie den abendfüllenden Spielfilm mehr und mehr aussticht: Alfred Molina (Robert Aldrich), Catherine Zeta-Jones (Olivia de Havilland), Kathy Bates (Joan Blondell), Stanley Tucci (Jack Warner) und Judy Davis (Hedda Hopper) würden in corpore jede Kinoproduktion unter akuten Oscar-Verdacht stellen.

Exaltiert und grotesk

«Feud isn't about hate, it's about pain», bei einer Fehde gehe es nicht um Hass, sondern um Schmerz und Leiden, wird Olivia de Havilland einmal zitiert. De Havilland («Gone With the Wind») wusste, wovon sie sprach, war sie doch mit ihrer gleichfalls berühmten Schwester Joan Fontaine («Rebecca») in eine legendäre Familienfehde verstrickt.

Von Neid und Missgunst, Jugend- und Schönheitswahn, der Angst vor Einsamkeit und dem Alter werden also auch Stars nicht verschont. Die Anfang März gestartete erste Staffel erhielt gemischte Kritiken. Das Celebrity-Wochenmagazin «People» fand die Serie «bitter, bissig und unterhaltsam», «The Atlantic» besprach die ersten Episoden ebenfalls positiv, stellte jedoch die Frage, ob der Geschichte nicht auch sechs anstatt acht Episoden genügt hätten. David Weigand vom «San Francisco Chronicle» hingegen monierte Drehbuchschwächen. Ob die Serie in absehbarer Zeit auf einem deutschsprachigen Sender zu sehen sein wird? Dahinter steht noch ein Fragezeichen.

Die zweite Staffel, die vom traurigen Schicksal der «Königin der Herzen» handelt, stösst aber schon vor Produktionsbeginn auf grosses Interesse. «Feud» ist ein Fest der Exaltiertheit und gleichzeitig eine Groteske. Die geplante zweite Staffel soll die Ehefehde von Lady Diana und Prince Charles behandeln. Ob blaues Blut am Ende noch böser ist?