Die Pläne des Herrn Zierhofer-Kin

Alles neu bei den «Wiener Festwochen»: Nicht nur die vielsprachigen Programmhefte tragen zur Konfusion bei.

Martin Lhotzky
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Szene aus «Fidelio» von den Wiener Festwochen 2016. (Bild:PD/Monika Rittershaus)

Szene aus «Fidelio» von den Wiener Festwochen 2016. (Bild:PD/Monika Rittershaus)

Wenn einmal die alte Volksweise vom «Mai», der «Alles neu» mache, stimmen mag, dann wird das vermutlich auf den 12. Mai 2017 zutreffen. An jenem nicht ganz so fernen Tag werden mit dem schon traditionellen Auftakt abends auf dem Rathausplatz die diesjährigen «Wiener Festwochen» eröffnet. Das eigentliche Programm beginnt tags darauf.

Neu ist zuallererst die Intendanz, also die künstlerische Leitung, hauptverantwortlich für die Programmgestaltung. Mit Tomas Zierhofer-Kin zieht der langjährige Leiter des «Donaufestivals» Krems die Register in der Bundeshauptstadt. Er folgt darin seinem Weggefährten Markus Hinterhäuser, der bekanntlich nun ganz zu den Salzburger Festspielen wechselt.

Festival statt Festwoche

Neu ist im Weiteren, dass die ebenfalls traditionelle Begleitschiene der Festwochen, ein umfangreiches Angebot an klassischen Konzerten, nun nicht mehr direkt mit den Wiener Festwochen koordiniert erscheint. Ganz neu ist ebenfalls, dass bis auf das noch aus den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts stammende Emblem dieser festlichen Wochen, ein rot-weisser Schattenriss eines grossen «W», nicht einmal mehr vor der Neugestaltung der übrigen Erkennungsmerkmale haltgemacht wird.

Die «Wiener Festwochen» sollen jetzt ein «Festival» werden, bei dem auch sämtliche Spartengrenzen verwischt sind. So zumindest kündigt es der neue Intendant selbst in seiner Vorstellungsrede an, die er am Donnerstag vor der in grosser Zahl erschienenen Kulturjournalisten hielt.

Lange hatten sie darauf warten müssen. Der übliche Termin für die Präsentation der Vorhaben wäre etwa im Oktober des Vorjahres zu erwarten gewesen. Vor Zierhofer-Kins erstem Auftritt als verantwortlichem Leiter war schon an die Presse das leicht verwirrende Programmheft verteilt worden. Man hatte sogar die Option, den Programmhefttitel «Fest» in mindestens acht verschiedenen Sprachen und Schriften, darunter Kyrillisch, Chinesisch oder auch Arabisch zu ergattern. Ob da in späterer Folge an eine Tauschbörse mit den exotischsten Titeln gedacht sein mag?

Parsifal, Philosophen, Party

«Performance über alles» scheint der Grundgedanke zu lauten. Zwar sind im Programmheft noch einige Typisierungen übrig geblieben, aber ob man damit den antretenden Künstlern und ihren Werken gerecht wird, sei dahingestellt. Einige Namen stechen dennoch heraus: der englische Schauspieler Jude Law soll eine Hauptrolle in einer Bühnenadaption des Visconti-Films «Ossessione» durch die Toneelgroep Amsterdam übernehmen.

Jonathan Meese, der bekanntlich von den Bayreuther Festspielen eher unsanft wieder ausgeladen wurde, soll Anfang Juni nun eine sehr freie Bearbeitung des «Parsifal» – offenbar mit Marionettenunterstützung und Passagen in Altgriechisch, Deutsch, Englisch und Französisch – im Theater an der Wien zur Aufführung bringen.

Der mittlerweile offenbar unvermeidliche Slavoj Žižek wird über Hoffnungslosigkeit schwadronieren und Romeo Castellucci, schon in den letzten Jahren häufiger Gast der Festwochen, wird sich, sein Ensemble und das Publikum auf die Spuren von Alexis de Tocqueville und dessen Werk «Über die Demokratie in Amerika» setzen.

Wie aber soll man die Ankündigung eines von Kindern betriebenen Friseursalons oder eine «Voodoohop»-Party oder eine an mehreren Orten während der ganzen Dauer des «Festivals »(bis 16. Juni) zu besuchenden «Anti-Fascist Ballet School» einordnen? Es wird vermutlich so verwirrend, wie es klingt. Ob spannend oder zumindest interessant: Mai und Juni werden es weisen.