Alles, was Sie schon immer über das Papsttum wissen wollten

Auf dem Höhepunkt der Feiern zum Reformationsjubiläum erinnern zwei Retrospektiven an die Geschichte des Papsttums. Ein grossangelegte Ausstellung in Mannheim und eine Monografie zeichnen die anderthalb Jahrhunderte vor der konfessionellen Trennung der Kirchen nach.

Thomas Ribi
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Der «Papst-Kaiser-Rotulus», der um 1432 im Rhein-Main-Gebiet entstanden ist, reiht 1400 Jahre Papstgeschichte als Bildfolge aneinander. Unter den Päpsten führt die Rolle unter anderen auch die umstrittene Päpstin Johanna auf. (Bild: Berlin, Staatsbibliothek)

Der «Papst-Kaiser-Rotulus», der um 1432 im Rhein-Main-Gebiet entstanden ist, reiht 1400 Jahre Papstgeschichte als Bildfolge aneinander. Unter den Päpsten führt die Rolle unter anderen auch die umstrittene Päpstin Johanna auf. (Bild: Berlin, Staatsbibliothek)

Wer eine Geschichte erzählt, die sich über Jahrtausende erstreckt, darf sich eigentlich nicht in Einzelheiten verlieren. Aber Geschichte besteht aus Einzelheiten. Und in der Geschichte der Päpste sind die Details entscheidend. Auf das 500-Jahre-Jubiläum der Reformation hin bieten zwei Retrospektiven Gelegenheit, sich eingehend mit der Geschichte des Papsttums zu befassen.

Die Ausstellung «Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt» in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim versammelt mehr als dreihundert hochrangige Exponate zu einem Parcours, der das Papsttum von den Anfängen bis zur Trennung der christlichen Kirchen im Westen beleuchtet. Mit Skulpturen, Bildern, Handschriften und Objekten und anhand von Rekonstruktionen wichtiger Denkmäler zeichnet sie nach, wie der Bischof von Rom zur geistlichen Autorität wurde, die nicht nur die theologische Entwicklung der Kirche bestimmte, sondern als übernationale Instanz die Geschichte Europas prägte.

Die grossangelegte Schau vereint zahlreiche Exponate, die erstmals ausserhalb ihrer angestammten Museen zu sehen sind. Sie ist lohnend, verlangt vom Betrachter aber einiges an Zeit und Stehvermögen. Wer sich auf die Einzelheiten einlassen will, wird um eine «Verzichtsplanung» nicht herumkommen.

Bis Ende Oktober zeigen die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim die grossangelegte Ausstellung «Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt». Sie dokumentiert die Geschichte des Papsttums von den Anfängen bis zur Reformation. – Die Capsella di Samagher, ein Reliquienkästchen aus dem 5. Jahrhundert, zeigt die früheste Darstellung der Petrusmemorie - des Orts, wo das Grab des Apostels Petrus verehrt wurde. (Bild: Venedig, Museo Archeologico Nazionale)
10 Bilder
Mamorfragment mit Christus zwischen den Apostelfürsten Petrus und Paulus, um 400 entstanden. (Bild: Musei Vaticani)
Fragment des Apsismosaiks von S. Pietro mit der Darstellung von Papst Innozenz III- (1198-1216). (Bild: Museo di Roma, Palazzo Braschi)
Der «Papst-Kaiser-Rotulus», der um 1432 im Rhein-Main-Gebiet entstanden ist, reiht 1400 Jahre Papstgeschichte als Bildfolge aneinander. Unter den Päpsten führt die Rolle unter anderen auch die umstrittene Päpstin Johanna auf. (Bild: Berlin, Staatsbibliothek)
Pontifikalstrümpfe aus dem Sarkophag von Papst Clemens II. (1046-1047). Die Strümpfe aus Seidengewebe sind wohl in Byzanz entstanden und farbig gemustert. (Bild: Diözesanmuseum Bamberg)
Abbildung aus dem «Chronicon pontificum et imperatorum» des Martin von Troppau (um 1450: Der Papst, umgeben von Kaiser, Bischof und Kardinal. (Bild: Universitätsbibliothek Heidelberg)
Alexander VI. (1492-1503) aus der Familie der Borgia war einer der einflussreichsten Persönlichkeiten im Italien der Renaissance. Bekannt wurde er durch seinen hemmungslosen Nepotismus und seine Skrupellosigkeit, wenn es darum ging, politsche Ziele zu erreichen. (Bild: Musei Vaticani)
Ornat von Papst Nikolaus V. (1447-1455) aus Seidensamt, entstanden in einer toskanischen Werkstatt. (Bild: Florenz, Museo Nazionale del Bargello)
Papst Bonifaz VIII. war der erste, der die Tiara mit drei Ringen trug und damit den allumfassenden Machtanspruch des Papstes auch bildlich dokumentierte. (Bild: PD)
In die Amtszeit des Medici-Papstes Leo X. (1513-1521) fiel der Anfang der Reformation. Das Bild zeigt ihn neben den Kardinälen Giulio de Medici und Innocenzo Cibo. Giulio de Medici wird später als Clemens VII. ebenfalls Papst werden. (Bild: Galleria Nazionale di Arte Antica di Roma, Palazzo Barberini)

Bis Ende Oktober zeigen die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim die grossangelegte Ausstellung «Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt». Sie dokumentiert die Geschichte des Papsttums von den Anfängen bis zur Reformation. – Die Capsella di Samagher, ein Reliquienkästchen aus dem 5. Jahrhundert, zeigt die früheste Darstellung der Petrusmemorie - des Orts, wo das Grab des Apostels Petrus verehrt wurde. (Bild: Venedig, Museo Archeologico Nazionale)

Nicht weniger umfassend ist das Vorhaben des deutschen Historikers Volker Reinhardt, der in seinem neuen Buch «Pontifex. Die Geschichte der Päpste von Petrus bis Franziskus» fast alle Fragen beantworten dürfte, die beim Besuch der Mannheimer Ausstellung noch ohne Antwort geblieben sind. Er schildert die Geschichte der Nachfolger Petri in ihrer Verflechtung mit den weltlichen Machthabern kenntnisreich, gewandt und zwischendurch in einem Tempo, das einen staunen lässt, wie rasch man Jahrhunderte lesend durchschreiten kann.

Die Ausstellung «Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt» in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim dauert bis zum 31. Oktober. Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog erschienen (€ 39.95).

Volker Reinhardt: Pontifex. Die Geschichte der Päpste von Petrus bis Franziskus. Verlag C. H. Beck, München 2017. 928 S., Fr. 49.90.