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Kultur Paul Weller

Soll Musik doch besser aussehen als sie klingt!

Redakteur Feuilleton
Unser Mann in der Moderne: Paul Weller im Alter von 59 Jahren Unser Mann in der Moderne: Paul Weller im Alter von 59 Jahren
Unser Mann in der Moderne: Paul Weller im Alter von 59 Jahren
Quelle: Tom Beard
Seit 45 Jahren singt und spielt Paul Weller seine Hymnen als Vater aller Mods. Aber was macht eigentlich ein Mod? Alben, die „A Kind Revolution“ heißen? Zu laute Musik in zu heißen Konzerthallen?

Schwer hat es auch der Modernist. Der Mod steckt in einem unlösbaren Dilemma: Die Moderne altert schlecht, wenn man sie ausruft, ist sie immer schon vorbei. Paul Weller, der nicht erst seit dem Roman „The Modfather“ von David Lines, in dem er wie ein Gott über dem Helden schwebt, als Mod schlechthin gilt, war sich der Absurdität seiner Kultur von Anfang an bewusst.

Als sich die ersten Mods in England nach dem Krieg erfanden, sich in den Ruinen kleine Hütchen aufsetzten und Bebop hörten, war Paul Weller noch gar nicht geboren. Er kam in die Schule, als in Brighton Mods und Rocker episch aufeinander einprügelten, um zu klären, ob die Sechziger- oder die Fünfzigerjahre besser waren. Und als er mit 14 Jahren seine Band The Jam ins Leben rief und sich zum Mod erklärte, war er der Begründer des Revivals einer Subkultur, die ihre Traditionen mit jedem Revival seither immer wieder neu belebt. Mit Polohemden und mit Parkas, die so klassisch wie modern wirken, schon weil sie einer wie Paul Weller trägt.

Nun schaut er wieder mal vorbei mit einem neuen Album, „A Kind Revolution“ heißt es, und mit seiner Band in „Huxleys Neuer Welt“, dem stickigsten Konzertsaal von Berlin. Er spielt sich durch das neue Album und sein Werk, von Schweinerock bis Spacefunk. Mit zwei Schlagzeugern, einem hinter gewaltigen Musikmöbeln verschanzten Organisten, einem zweiten Gitarristen und einem Bassisten, der die zweite Stimme singt. Das führt dazu, dass alte Stücke wie „Into Tomorrow“, zumal in der hohen Halle, ebenso im Lärm versuppen wie die neuen, „Nova“ oder „Long Long Road“. Aber das ist nicht schlimm. Musik klang bei Paul Weller niemals besser als sie aussah.

Früher war mehr Moderne

Musikalisch stammt sein letzter modernistischer Versuch von 1989. „Modernism: A New Decade“ war auch die letzte Platte mit The Style Council, die einem in den Achtzigerjahren beibrachten, die Hosen richtig umzuschlagen. Ein famoses Rave-Album, das zunächst an der Plattenfirma scheiterte und erst erschien, als Weller bereits solo seinen „Heavy Soul“ spielte, wie er es nannte, und den Platten Titel gab wie „Modern Classics“. Der altväterliche Rhythm & Blues war seine eine Antwort auf die große Frage, die das Mod-Dilemma immer aufwarf. Seine zweite Antwort war sein Stil. Niemand trug würdevoller Flip-Flops, als noch niemand Flip-Flops trug. Keiner sah besser aus mit einem Federhaarschnitt als Paul Weller. Im Konzertsaal sehen manche aus wie er, wirken dabei eher albern, aber immerhin nicht modisch unsicher.

Für seinen Abend in Berlin hat Weller sich für ein olivfarbenes Shirt mit Knopfleiste, eine stahlgraue Seidenhose und, soweit sie zu erkennen sind, schwarze Budapester Halbschuhe entschieden. Alles abgestimmt auf die Gitarren. Wer das für den Modefimmel eines 59 Jahre alten Mannes hält, ist auch für die Musik dazu verloren. Es geht nie darum, welche Musik gespielt wird, sondern wie und selbstverständlich auch von wem. Auf seinem neuen Album „A Kind Revolution“ gibt es Lieder wie von Curtis Mayfield und George Clinton. Im Konzert kommt alles vor, was je modern war: Krautrock, den die Briten, weil die Deutschen selbst ihn nie so recht zu schätzen wussten, adoptiert und immer gut behandelt haben. Psychedelische Musik, auch wenn sie, als sie neu war, von Designerdrogen mehr beflügelt wurde als von anständigem Lagerbier. Es gibt Paul-Weller-Klassiker wie „Porcelain Gods“ in Dub-Versionen.

Als sich seine Musiker für „Wild Wood“ und für „Monday“ von The Jam in eine Reihe setzen und Gitarre spielen wie am Lagerfeuer, ruft Paul Weller: „Peace and Love!“, ballt aber wie ein Streikposten am Schacht die Faust. Er hat ein zweites neues Album aufgenommen, seinen Soundtrack zum Film „Jawbone“ über einen Boxer, der sich in einer Ballade fragt: „Where has my bottle gone, where is the man I was?“ Ein Mod muss sich auch fragen, warum die Moderne mal moderner war.

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