Fast jeder Mensch möchte für seine guten Leistungen gelobt werden. In glamourösen Branchen wie der Filmindustrie gibt es dafür sogar Preise in Skulpturform. Gleichzeitig ist diese Branche aber so zynisch, dass es auch für besonders schlechte Leistungen einen Preis gibt: die Goldene Himbeere (im Original: Golden Raspberry Award).
Nun hat das zuständige Komitee die Nominierungen der preisverdächtigen Filme veröffentlicht. Viele davon sind als millionenschwere Blockbuster gestartet – und könnten nun ultimativ gedemütigt werden.
Zu nennen ist da vor allem der Superhelden-GAU „Batman v Superman: Dawn of Justice“ mit allein acht Nennungen und damit in fast allen Hauptkategorien. Die Hauptdarsteller Ben Affleck (Batman) und Henry Cavill (Superman) streiten sich passend zum Film auch bei den Razzies um die Auszeichnung zum schlechtesten Schauspieler.
Regisseur Zack Snyder, von Superhelden-Fans seit seiner „Watchman“-Verfilmung fast so sehr verehrt wie sonst nur Marvel-Gründer Stan Lee, darf die Auszeichnung als schlechtester Regisseur fürchten.
Kein Wunder: Der Film ist eine 151 Minuten lange Enttäuschung der Kindheitsträume von Superhelden-Fans. Im Grunde wurde der gesamte (weil sehr dünne) Plot bereits im Trailer verraten. Samt aller mehr oder weniger überraschenden Wendungen. Das muss man bei einem Film mit zweieinhalb Stunden Laufzeit erst einmal schaffen.
Ben Stiller könnte ganz groß rauskommen
Die anderen Topfavoriten sind ebenfalls Sequels alter Hits. Mit neun Nennungen führt Ben Stillers „Zoolander No. 2“ die Shortlist unangefochten an, dank Roland Emmerichs „Independence Day 2“ hat auch Deutschland einen Kandidaten im Rennen.
Dem Regisseur droht dabei eine persönliche Auszeichnung als Schlechtester seiner Zunft. Aber auch die Videospiel-Verfilmung „Assassin’s Creed“ könnte kurz nach Kinostart bereits auf dem Boden der Tatsachen landen.
Die drohende Abstrafung der Streifen sagt jedoch fast mehr über die Filmbranche aus als über die Filme: In dem 365-Tage-Zirkus Hollywood werden sogar Fehlleistungen für Showeinlagen genutzt. Heutzutage machen viele der unfreiwilligen Akteure zähneknirschend mit und bedanken sich anschließend artig und möglichst humorvoll für ihre Auszeichnung.
Über ihre Social-Media-Kanäle, versteht sich. Persönlich nehmen nur die wenigsten den Preis entgegen. Soweit ist es dann doch noch nicht gekommen.
Fast nie kommt der Preisträger
Vergeben werden die „Razzies“ seit der Einführung 1981 traditionell am Vorabend der Oscarverleihung, wie die Academy Awards ebenfalls im Stadtteil Hollywood von Los Angeles. Die Stars sind also alle eh bereits in der Stadt, es wäre ein Leichtes, kurz mal vorbeizuschauen.
Auf der Bühne könnten dann ja doch so etwas wie Enttäuschung und verletzte Gefühle offensichtlich werden. Denn dass die Razzies öffentlichkeitswirksam immer noch den Daumen über Werke senken, in die viele Menschen viele Stunden und literweise Herzblut gesteckt haben, ist nur noch ein Randaspekt.
Eine Ausnahme war jedoch Sandra Bullock, die ihre Auszeichnung 2010 persönlich abholte. Damals gelang ihr Außergewöhnliches. Innerhalb von zwei Tagen erhielt sie nicht nur die Goldene Himbeere für ihren Part in „Verrückt nach Steve“, sondern auch den Oscar für ihre Leistung in „The Blind Side“.
Die Goldene Himbeere ist mitnichten ein Preis für den Bodensatz von Hollywood. Es sind vor allem die großen Namen, die mit filmischen Aussetzern auf der Shortlist landen. In diesem Jahr ist auch Kate Winslet dabei.
Auch die Auszeichnung ist nicht von gutem Geschmack
Die Trophäe ist mit Absicht materiell fast wertlos gehalten: Eine Plastikhimbeere auf einer Super-8-Filmrolle, alles mit Goldfarbe überzogen. Auch der Name ist sinngebend für die gesamte Veranstaltung, beruht er doch auf dem aus dem cockney-Slang stammenden „raspberry tart“ für „fart“, Furz. Der Preis ist also ein echter Stinker.
Ein universelles Zeichen der Verhöhnung ist außerdem, mit Zunge und Lippen eine Himbeere zu formen und dazu ein Furzgeräusch zu tröten. Im Englischen hat der Akt einen Namen: „To blow a raspberry“.
Vergeben wird der Preis von der Golden Raspberry Award Foundation. Dieser gehören über 700 Filmkritiker aus zwölf Ländern an. Auch Deutschland macht mit: Die Münchner Filmwerkstatt ernennt 50 Kritiker, die an der Abstimmung teilnehmen.
Wer endgültig für die Goldene Himbeere nominiert wird, gibt das Komitee am 23. Januar bekannt, einen Tag vor den Oscarnominierungen. In Hollywood liegen Freud und Leid einfach sehr nah beieinander.
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