Die 89. Oscar-Verleihung ist in der Nacht auf Montag in der totalen Konfusion geendet. Faye Dunaway öffnete den Umschlag für den Besten Film des Jahres und verkündete dann, dass der große Favorit gewonnen habe: „La La Land“. Die Crew des Musicals feierte und dankte schon auf der Bühne, als Jordan Horowitz, der „La La“-Produzent, sich ans Mikrofon drängte und verkündete: „Der Oscar geht an ,Moonlight’!“ Zur Bestätigung hielt er die Karte aus dem roten Umschlag in die Kamera.
Derart chaotische Szenen hat es noch nie gegeben, seit die Oscars 1929 zum ersten Mal vergeben wurden. Offenbar hatte Dunaways Partner Warren Beatty den falschen Umschlag geöffnet. Es war die finale Enttäuschung für den großen Favoriten „La La Land“, der mit 14 Nominierungen in den Abend gegangen war (ein Rekord in der Oscar-Geschichte) und am Ende mit lediglich sechs Trophäen da stand. Damit wiederholte sich der Schock vom letzten Jahr, als „The Revenant“ und „Mad Max“ sich den Abend über die Preise abwechselnd teilten - und ganz am Ende „Spotlight“ den Besten Film gewann.
Auch ohne die Konfusion war es eine memorable Verleihung. Jimmy Kimmel, der erstmals moderierte, warf beinahe im Vorbeigehen ein Dutzend eleganter Pointen in den Raum, die allesamt Ohrfeigen für Donald Trump waren. Die Gewinner hielten sich in ihren Dankesreden eher zurück, nur wenige – wie der mexikanische Star Gael Gaercia Bernal – fanden deutliche Worte.
Generationswechsel in Hollywood
„La La Land“ gewann trotzdem noch drei der wichtigen Preise: den für den besten Regisseur (Damien Chazelle, mit 32 der jüngste Regie-Oscarpreisträger aller Zeiten), die beste Darstellerin für Emma Stone, die Kamera für den Schweden Linus Sandgren; dazu kamen Oscars für die Filmmusik, den besten Song und das Produktionsdesign. Der Abend stand auch für einen Generationswechsel in Hollywood.
Die Auszeichnungen, bestimmt in einer Urwahl aller 6000 Akademie-Mitglieder, folgten nicht dem Herdentrieb, der die knapp 100 Wähler der Golden Globes befallen hatte, die „La La“ fast alle Preise hinterher warfen. Die Liste der Oscars sieht erheblich differenzierter aus, und praktisch jeder Preis ist eine exzellente Wahl.
Das beste Originaldrehbuch wurde Kenneth Lonergan für sein „Manchester-by-the-Sea“ zugedacht und sein Star Casey Affleck als bester Hauptdarsteller erwählt. „Moonlight“-Regisseur Barry Jenkins hielt schon einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch in den Hände, bevor er den für „Moonlight“ überreicht bekam. Mahershala Ali (auch aus „Moonlight“) wurde bester Nebendarsteller, Viola Davis (aus „Fences“) erhielt die entsprechende Auszeichnung bei den Frauen.
Zwischen Trump-Bashing und Showbusiness-Witzen
Dass die große deutsche Hoffnung „Toni Erdmann“ leer ausging, hatte man über das Chaos schon beinahe vergessen. Stattdessen gewann „Forushande“ (Der Verkäufer) aus dem Iran. Das wurde allgemein als politisches Zeichen gegen den Einreisebann für Moslems interpretiert; der Regisseur Asghar Farhadi hatte im Vorfeld erklärt, aus Protest gegen die Trump-Direktive nicht zur Verleihung kommen zu wollen (und war wirklich nicht da).
Auch ohne das sensationelle Ende war die 89. Verleihung eine der besten seit langer Zeit. Sie kam innovativ daher (u.a. wurde eine Gruppe ahnungsloser L.A.-Touristen durch eine Hintertür in den Saal gelotst), Kimmel fand die Balance zwischen Trump-Bashing und selbstreferenziellen Showbusiness-Witzen, und an Stars auf der Bühne wurde das beste aufgefahren, was die Branche zu bieten hat.
>>> Lesen Sie hier das Protokoll der Oscar-Nacht
Alle Sieger der Oscar-Verleihung 2017:
Bester Film: „Moonlight“
Bester Hauptdarsteller: Casey Affleck - „Manchester by the Sea“
Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone - „La La Land“
Bester Nebendarsteller: Mahershala Ali – „Moonlight“
Beste Nebendarstellerin: Viola Davis – „Fences“
Bester fremdsprachiger Film: „The Salesman“ - Iran
Beste Regie: Damien Chazelle - „La La Land“
Bestes Originaldrehbuch: Kenneth Lonergan - „Manchester by the Sea“
Bestes adaptiertes Drehbuch: Barry Jenkins - „Moonlight“
Bester Kurzfilm: Kristof Deák und Anna Udvardy - „Sing“
Bester Dokumentarfilm: Ezra Edelman und Caroline Waterlow - „O.J.: Made in America“
Bester Animationsfilm: „Zootopia“
Bester animinierter Kurzfilm: Alan Barillaro und Marc Sondheimer - „Piper“
Beste Kamera: Linus Sandgren - „La La Land“
Bester Schnitt: John Gilbert - „Hacksaw Ridge - Die Entscheidung“
Bester Tonschnitt: Sylvain Bellemare - „Arrival“
Bester Ton: Kevin O'Connell, Andy Wright, Robert Mackenzie und Peter Grace - „Hacksaw Ridge – Die Entscheidung“
Beste Filmmusik: Justin Hurwitz - „La La Land“
Bester Song: "Audition (The Fools Who Dream)" aus „La La Land“ – von Justin Hurwitz, Pasek and Paul
Beste visuelle Effekte: „Das Dschungelbuch“
Bestes Szenenbild: „La La Land“
Bestes Make-up und beste Frisuren: Alessandro Bertolazzi, Giorgio Gregorini und Christopher Nelso - „Suicide Squad“
Bestes Kostüm: Colleen Atwood - „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ (Fantastic Beasts and Where to Find Them)